Die Aktien des Solarmodulherstellers Meyer Burger verlieren im frühen Handel zeitweise bis zu 47 Prozent. Um 10.00 beträgt der Kursverlust noch knapp 30 Prozent auf 0,093 Franken, während der Gesamtmarkt gemessen am Swiss Performance Index (SPI) 0,8 Prozent tiefer steht. 

Nach vorläufigen Zahlen erwartet Meyer Burger für das zurückliegende Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von rund 135 Millionen Franken. Operativ erwartet das Unternehmen einen Verlust auf Stufe EBITDA in Höhe von mindestens 126 Millionen Franken.

Der Solarausrüster bereitet als Folge die Schliessung der Modulproduktion in Deutschland vor. Für den Fall ausbleibender Massnahmen der Politik zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen wolle das Unternehmen damit gegen die derzeitigen Verluste vorgehen.

Meyer Burger habe auch eine Investmentbank mandatiert, um die strategische Optionen zu prüfen und ihre Finanzierungsposition zu verbessern. So könnte das Unternehmen Partnerschaften mit Industrieunternehmen eingehen oder Technologielizenzen vergeben. Einen ausführlichen Bericht finden Sie hier.

Was Analysten in ersten Kommentaren zur neuen Ausgangslage bei Meyer Burger sagen:

“Die erneute Finanzierung wird schwieriger werden, da eine einfache Kapitalerhöhung nicht mehr so ohne Weiteres möglich sein wird”, sagt Eugen Perger, Leiter Aktienanalyse bei Research Partners, gegenüber cash.ch. Das Geschäftsmodell müsse neu aufgestellt werden mit der Produktion in den USA. Weitere "Goodies" für die Kapitalgeber werden wohl notwendig sein, um die Firma in Zukunft breiter aufzustellen. “Eine Übernahme von Meyer Burger wird auf jeden Fall wahrscheinlicher. Oder zumindest wird Meyer Burger die Eigenständigkeit nicht mit Bestimmtheit beibehalten können.”

Für Alexander Koller, Analyst bei Stifel, sind die Kosten der Reallokation in die USA aus heutiger Sicht noch nicht abschätzbar. Für 2026 strebt Meyer Burger einen positiven EBITDA von 250 Millionen Franken an, bei einer Produktion von 5.4GW. “Ich gehe davon aus, dass Meyer Burger in den USA im nächsten Jahr etwa ein Umsatz von 175 Millionen Franken erzielen kann.” Aktuell belaufe sich das Nettocash auf 150 Millionen Franken, auf Bruttostufe sei eventuell bereits ein Minus vorhanden. “Meines Erachtens sind weitere Kapitalspritzen unabdingbar.”

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) überprüft das bisherige Rating "Übergewichten" für Meyer Burger. Die Firma bereite die Schliessung der PV-Modulproduktion in Deutschland vor, schreibt Analyst Bernd Laux. Die deutsche Zellproduktion werde zunächst weitergeführt, aber das Unternehmen brauche weitere 450 Millionen zur Finanzierung. Das Überleben des Unternehmens sei nicht gesichert und die Meyer Burger-Aktie sei damit ein Höchstrisiko-Investment, bei dem ein Totalausfall nicht ausgeschlossen werden könne.

Mirabaud Securities senkt das Rating für Meyer Burger auf "Hold" von "Buy" und überprüft das bisherige Kursziel von 0,81 Franken. Aus seiner Sicht sei es eher unwahrscheinlich, dass die deutsche Regierung Meyer Burger substantiell zu Hilfe komme, schreibt Analyst Daniel König in einer ersten Reaktion. Es habe bereits viele Verzögerungen gegeben, zudem weise Deutschland die schwächsten Daten aller grossen Volkswirtschaften auf, so der Analyst. In Anbetracht des derzeit erheblichen Cash-Burns, der bisher fehlenden politischen Reaktion in Europa, des hohen Finanzierungsbedarfs und der hohen chinesischen Lagerbestände in Europa sieht er für Meyer Burger denn auch "gewaltigen Herausforderungen".

Mehr noch: “Angesichts des Finanzierungsbedarfs von 450 Millionen Franken und der aktuellen Marktkapitalisierung muss die Firma jede Option prüfen”, so König gegenüber cash.ch. Meyer Burger habe im zweiten Halbjahr 2023 220 Millionen Franken verbrannt. “Man kann ja die 220 Millionen Franken durch sechs teilen, um auf die monatliche ‘Burn rate’ zu kommen”, fügt König lakonisch an.

Auch sieht König Risiken, dass die USA das Land der Rettung sein werden: “Im November finden in den USA Präsidentschaftswahlen statt. Derzeit steht der Spitzenkandidat in den Umfragen für die US-Präsidentschaftswahlen, Donald Trump, dem Inflation Reduction Act skeptisch gegenüber.” Der Subventionswillen der USA ist daher alles andere als in Stein gemeisselt.

Für die Analysten von Jefferies, die bereits vor einer Woche das Kursziel zusammenstrichen und über Fusionen und Übernahmen spekulierten, kommt es bei Meyer Burger nun zum "letzten Gefecht". Mit Ausnahme eines Konkurses sei nun das Worst-Case-Szenario eingetreten.

ManuelBoeck
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