Die Aktien von Julius Bär haben ein äusserst wechselvolles Jahr hinter sich. Mit einem Kursplus von 24 Prozent erzielen die Titel zusammen mit Cembra die zweitbeste Performance unter den Schweizer Finanzaktien in diesem Jahr - nur Swissquote mit 69 Prozent noch besser. Das Plus von 24 Prozent bei Bär kam alleine in den letzten drei Monaten zustande.
Angefangen hatte das Jahr unter negativen Vorzeichen. Die Signa-Pleite, von der Julius Bär und deren Ergebnisse wesentlich negativ beeinflusst worden sind, lag nur einige Monate zurück. In nur wenigen Wochen hatten die Bär-Aktien im Oktober und November vergangenen Jahres etwa 25 Prozent ihres Wertes eingebüsst. Die Jahresend- beziehungsweise Jahresanfangskurse lagen nur etwas über diesen Tiefstkursen, denn grosse Unsicherheit herrschte über die finanziellen Verflechtungen mit dem implodierten Immobilienkonzern.
Der einjährige Kursverlauf von Julius Bär, Swissquote und Cembra in Franken.
Bis im September dieses Jahres vermochten die Aktien sich nicht aus einer gewaltigen Seitwärtsbewegung, die zeitweise mit einer Kursvolatilität von fast 30 Prozent ausmachte, zu befreien. Ende September gelang es den Julius-Bär-Titeln schliesslich, sich über den Kurs-Widerstand bei 55 bis 56 Franken zu hieven.
Fundamentale Veränderungen und Trump
Die Gründe für den starken Kursanstieg während den vergangenen drei Monate sind vier Faktoren zuzuschreiben. Erstens der komplette Abschreiber auf den Signa-Krediten sowie der Ausstieg aus dem Private-Debt-Geschäft. Obwohl diese einschneidenen Schritte kurzfristig einen bedeutenden Einfluss auf die zugrundeliegenden Unternehmensergebnisse hatte, konnte schnell ein kompletter Schlussstrich hinter das Debakel gesetzt werden.
Gleichzeitig und noch viel wichtiger konnte damit aber auch der Fokus auf das eigentliche Geschäft der Privatbank gelenkt werden. Und dort haben die Bären ihre Hausaufgaben gemacht. Zwar lagen die Nettogeldzuflüsse in diesem Jahr unter dem langfristigen Trend, jedoch fielen sie abermals besser als erwartet aus und haben sich schneller als erwartet nach dem Signa-Debakel erholt.
Der dritte Punkt sind die seit Februar steigenden Umsatz- und Gewinnrevisionen. Unternehmensanalysten haben die Nachwehen der Signa-Pleite für die Umsatzentwicklung für Julius Bär überschätzt. Die längerfristigen Schätzungen wurden im Jahresverlauf massiv nach oben korrigiert: Im Januar wurde der Gesamtumsatz für das Geschäftsjahr 2026 auf etwa 4,1 Milliarden Franken geschätzt. Aktuell wird von einem Umsatz von 4,5 Milliarden Franken ausgegangen. Auch der Konsens für den Gewinn-pro-Aktie fürs Geschäftsjahr 2026 liegt 12 Prozent höher als noch zu Beginn dieses Jahres.
Die Wiederwahl von Donald Trump ist der letzte für den Kursverlauf positive Faktor. Die Bär-Aktien liegen knapp10 Prozent über dem Schlusskurs vor Bekanntgabe des US-Wahlentscheids von Anfang November.
Kurspotenzial mit durchzogenen Fundamentaldaten
Der Aktienkurs hat trotz der vorbildlich schnellen Abarbeitung des Signa-Debakels noch immer Luft nach oben. Die Kurszielkonsens liegt zwar bei 60 Franken (daktuell: 58 Franken), wobei die Mehrheit der neu gesetzten Kursziele teilweise mit 66 Franken deutlich über diesem Schnitt liegen.
Als Grund für einen weiteren Kursanstieg wird ein möglicher Verkauf des Brasilien-Geschäfts genannt. Doch auch der Start des neuen CEO Stefan Bollinger am 9. Januar 2025 könnte den Bär-Aktien neue Fantasie verleihen. Er dürfte dem Unternehmen seine eigene Handschrift verleihen wollen.
Zur Vorsicht raten hingegen die weiterhin enttäuschenden Margen. Während den Jahresergebnissen im Februar und Halbjahresergebnissen im Juli haben sie die Schätzungen klar verfehlt. Die Bank Vontobel wie auch die UBS gehen auch weiterhin von magren Margen aus. Die Bruttomarge lag vor der Signa-Saga bei knapp 87 Prozent. Dieses Niveau dürfte Julius Bär in den nächsten zwei Jahren klar verfehlen.
Eines der tiefsten Kursziele stellt HSBC mit 54 Franken. Das Verlustpotenzial von 6 Prozent und ein «Halten»-Rating begründen die HSBC-Experten mit einem noch tieferen Wachstum der verwalteten Vermögen und ebenfalls tieferen Margen. Bisher konnte Julius Bär die HSBC-Analysten bei den verwalteten Vermögen eines besseren belehren. Doch die mindestens ebenso wichtigen Margen-Thematik haben sie nicht lösen können - für eine dauerhafte Höherbewertung ist dies zwingend.
Deshalb liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Privatbank trotz des diesjährigen Kursanstiegs weiterhin 20 Prozent unter dem langjährigen Schnitt von 12 und hat sich gegenüber den Tiefstkursen von Anfang Jahr nur leicht erhöht.
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Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich bei der VP Bank ab. Derzeit lächerlich tief bewertet (P/B 0.4, Dividendenrendite von über 6 %)