Anlegerinnen und Anleger sollten ihre Aktienbestände leicht reduzieren und das Geld in Rohstoffe umschichten, nachdem Aktien angesichts schwindender Rezessionsängste andere Vermögenswerte überholt haben. Das sagen die Strategen von JPMorgan unter der Leitung von Marko Kolanovic. Dieser gilt als einer der grössten Aktien-Bullen an der Wall Street. 

Mit dem am Freitag veröffentlichten Bericht über die US-Beschäftigtenzahlen, der einer Reihe besser als erwartet ausgefallener Wirtschaftsdaten folgt, ist der S&P 500 Index seit seinem im Juni erreichten diesjährigen Tiefstand um 13 Prozent gestiegen. Im Gegensatz dazu ist ein Bloomberg-Index, der Rohstoffe von Öl bis Kupfer abbildet, in diesem Zeitraum gesunken. 

Die Performance-Lücke eröffnet den Anlegern die Möglichkeit, ihre Bestände umzuschichten und dabei eine risikofreudige Haltung beizubehalten, schreiben die JPMorgan-Strategen in einer Notiz vom Montag. Das bedeutet nicht, dass sie erwarten, dass die Aktien fallen werden. Vielmehr rechnen sie mit einem Anstieg der Aktien bis zum Jahresende, der durch robuste Unternehmensgewinne gestützt wird. 

Angesichts der jüngsten Schwäche der Rohstoffe sehen die JPMorgan-Strategen darin jedoch eine Chance, zuzuschlagen. "Bessere Wirtschaftsdaten als befürchtet veranlassen die Aktien- und Kreditmärkte dazu, das Rezessionsrisiko auszupreisen", schreiben sie. 

"Da Rohstoffe anderen risikoreichen Anlagen hinterherhinken, verlagern wir einen Teil unserer Risikoallokation von Aktien zu Rohstoffen", sagen die JPMorgan-Strategen. Infolgedessen bleibt die Empfehlung "übergewichten" von JPMorgan für risikoreiche Anlagen unverändert. Gleichzeitig bleibt die US-Grossbank untergewichtet in festverzinslichen Wertpapieren und Cash. 

Kolanovic mit bemerkenswerter Kehrtwende

Kolanovic wurde in der letztjährigen Umfrage vom Finanzmagazin "Institutional Investor" zur Nummer 1 unter den Aktien-Strategen gewählt. Für den Strategen ist es eine bemerkenswerte Kehrtwende, wenn er seinen Kunden nun rät, die Aktienquote zu reduzieren. Über weite Strecken des Jahres 2022 riet er, während des Ausverkaufs der Aktienmärkte zuzukaufen - eine Empfehlung, die bis vor kurzem noch auf wackligen Füssen stand. 

Im April riet sein Team den Anlegern, sich von Aktien zurückzuziehen, nachdem der Markt eine kräftige Erholung erlebt hatte. Der S&P 500 fiel in den folgenden sechs Wochen. Anfang Mai sagte Kolanovic, dass die Negativität am Aktienmarkt so überwältigend sei, dass eine Erholung nicht mehr lange auf sich warten lassen könnte. Die Talsohle bildete sich aber erst Mitte Juni.

(Bloomberg/cash)