Holcim dürfte in der ersten Jahreshälfte etwas weniger Umsatz, dafür mehr operativ mehr verdient haben als im Vorjahr. Erwartet wird ein Umsatz von 12,9 Milliarden Franken (Vorjahr 13,0 Milliarden Franken).

Bremsend auf den Absatz wird sich das schlechte Wetter in Europa und Nordamerika ausgewirkt haben. Auch die Währungsentwicklungen dürften negativ zu Buche geschlagen haben. Dafür hat Holcim von Preiserhöhungen profitiert. Zudem konnte der Konzern mehr grünen Zement und Beton verkaufen, die teurer sind als die traditionellen Produkte. Die operative Marge wird sich verbessert haben. Die Umsatzwachstumsziele für das Gesamtjahr erachten Analysten mehrheitlich als ambitiös.

«2024 wird ein neues Rekordjahr»

Holcim geht mit Schwung ins letzte Jahr als weltumspannender Baustoffkonzern: Vor der Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts im 2025 will der Zement- und Baumaterialhersteller im laufenden Jahr nochmals Spitzenergebnisse erzielen.

«2024 wird ein neues Rekordjahr», kündigte der neue Konzernchef Miljan Gutovic im Februar an, der am 1. Mai das CEO-Amt vom bisherigen Holcim-Boss Jan Jenisch übernahm. Der Umsatz solle um über 6 Prozent zulegen. Davon kämen mehr als 4 Prozent vom Wachstum aus eigener Kraft, also organisch. Zudem sollen Firmenkäufe den Umsatz um über 2 Prozent steigern. Der wiederkehrende Betriebsgewinn auf vergleichbarer Basis soll gleichzeitig überproportional zulegen. Die entsprechende Marge soll auf 18 Prozent steigen. Der Free Cashflow wird bei über 3 Milliarden Franken erwartet.

Diese Ziele wurden bei der Vorlage der Zahlen des Startquartals im April nochmals bestätigt. Damals sagte Jenisch, dass Holcim auch in diesem Jahr ein hohes Akquisitionstempo anschlagen wolle. Vielleicht würden Firmenkäufe ein ähnliches Niveau wie letztes Jahr erreichen, sagte Jenisch. 2023 hatte der Konzern 28 Firmenübernahmen getätigt. Das war ein neuer Rekord.

Vorangetriebene Globalisierung

Holcim hat seine Einkaufstour auch im laufenden Jahr fortgesetzt: Anfang Juli übernahm der Konzern die belgische Firma Mark Desmedt, die jährlich rund 500'000 Tonnen Bauschutt in den Regionen Brüssel und Antwerpen rezykliert. Zudem kaufte Holcim Anfang Juni die britische Schotter- Recyclingfirma Land Recovery. In der Schweiz will Holcim rund 250 Millionen Franken in seine drei hiesigen Zementwerke investieren. Damit soll die Verwendung fossiler Brennstoffe bei der Herstellung von Zement sinken und die künftigen Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung eingehalten werden.

Auf der anderen Seite will der Konzern den Standort in Holderbank AG schliessen. Die rund 200 Angestellten sollen ab 2026 an den Hauptsitz in Zug wechseln. Damit endet nach 114 Jahren die Präsenz von Holcim in der Aargauer Gemeinde, wo der Zementkonzern seine Wurzeln hat.

Auch in Belgien greift Holcim tief in die Tasche. Mitte Mai erfolgte der erste Spatenstich für ein neues Zementwerk am bisherigen Standort im Ort Obourg, das ab 2027 die Emissionen bei der Zementherstellung markant senken soll. Für die neue Anlage, die neben dem bestehenden uralten Werk gebaut wird, sind Investitionen von über einer halben Milliarde Euro geplant. Dazu erhält das Projekt 230 Millionen Euro aus dem EU-Innovationsfonds für CO2-arme Technologien. Das modernisierte Werk in Belgien soll ab 2029 rund 2 Millionen Tonnen solchen Netto-Null-Zement herstellen. Dies wäre ein Viertel des Holcim- Gesamtziels von über 8 Millionen Tonnen vollständig dekarbonisiertem Zement pro Jahr in ganz Europa.

Eigenständigkeit in Nordamerika

Weiter vorangetrieben wird die Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts, das im nächsten Jahr als vollständig unabhängiges Unternehmen in den USA an die Börse gebracht werden soll. Hintergrund sind die billionenschweren Investitionsprogramme der US-Regierung. Das Nordamerika-Geschäft mit einem Umsatz von über 11 Milliarden US-Dollar und einem Betriebsgewinn (EBIT) von 2 Milliarden Dollar werde ein Rockstar-Unternehmen, hatte Jenisch im Januar gesagt. Die Aufspaltung sei nötig, um das Potential gänzlich auszuschöpfen und voll durchzustarten, hatte Holcim argumentiert. Das Geschäft sei zu gross geworden, um es als Tochterfirma aus der Schweiz heraus zu führen, hatte Holcim erklärt. Holcim ist auch alleine ein Champion, laut Jenisch, mit einem Umsatz von 17 Milliarden Franken im Jahr und einem EBIT von über 2,7 Milliarden Franken.

In Europa will der Restkonzern von der Dekarbonisierung und dem Trend zur Nachhaltigkeit durch den "Green Deal" der EU profitieren. Die Bedingungen für die Abspaltung sollen im Herbst an zwei Investorentagen in Europa und in den USA präsentiert werden. Synergieverluste durch die Abspaltung des Nordamerika- Geschäfts befürchtet der neue Konzernchef Gutovic nicht.

Überdurchschnittliche Aktien-Performance

Die Holcim-Aktien gehören im bisherigen Jahresverlauf zu den Favoriten unter den Blue Chips. Während der Gesamtmarkt gemessen am Leitindex SMI ein Plus von rund 10 Prozent verzeichnet hat, haben die Holcim-Titel um etwa 28 Prozent zugelegt. Bereits letztes Jahr entwickelten sich die Papiere überdurchschnittlich.

Aktienkursentwicklung von Holcim.

(AWP/cash)