Ende Juli hat der Wind bei den Aktien von Dufry gedreht. Seit dann geht es steil abwärts, so dass sich das vorige Kursplus in ein Kursminus von 10 Prozent verwandelt hat. Dies, obwohl sich der Tourismus weltweit im Aufwind befindet und davon der Reisedetailhändler profitieren sollte. Immerhin befindet sich die Aktie noch deutlich über dem letztjährigen Kurstief bei knapp 30 Franken.

«Die Aktie von Dufry hat sich von den Tiefs schon stark erholt. Man muss berücksichtigen, dass sich seit 2019 die Anzahl Aktien verdreifacht hat und der Aktionär heute nur noch etwas um die 40 Prozent der Free Cash Flows bekommt, die er noch 2019 für eine Aktie bekommen hat», wendet Gian Marco Werro, Analyst bei der ZKB, gegenüber cash.ch ein.

Der Reisedetailhändler ist durch die Autogrill-Übernahme deutlich grösser geworden und profitierte von den steigenden Passagierzahlen an internationalen Flughäfen. Auch das zweite Semester ist gut angelaufen, wie Dufry Anfang August bekannt gab. Synergien sollen den Konzern zudem effizienter machen.

«Der Marktwert ist aktuell da, wo er 2019 bei einem Aktienkurs von 100 Franken war und zwar noch ohne Autogrill,» sagt Hasanaj Arben, Analyst bei Vontobel. Das zeige, dass eine Erholung stattgefunden habe, aber ein Mehrwert durch Autogrill zum Beispiel sei nicht oder noch nicht im Kurs reflektiert.

Von Januar bis Juni setzte Dufry mit gut 5,7 Milliarden Franken fast doppelt so viel um wie noch vor einem Jahr. Der krasse Anstieg ist den seit Februar dieses Jahres erstmals verbuchten Umsätzen des italienischen Autobahnraststätten-Spezialisten Autogrill zu verdanken.

Verschuldung nicht mehr problematisch

«Ich sehe bei der Autogrill-Übernahme hauptsächlich Kostensynergien, eine vorteilhafte Reduktion der Verschuldung von Dufry und eine vorteilhafte Reduktion der Relevanz von Tabak- und Alkoholverkäufen, wobei ich bei den Umsatzsynergien weiterhin skeptisch bin», sagt Werro. Das Thema Verschuldung ist aus der Sicht des ZKB-Analysten nicht mehr problematisch.

Das Unternehmen erhielt vor Kurzem auch Upgrades ihrer Ratings von S&P Global und Moody’s. Am 20. September konnte es auch die Kreditfazilität noch einmal auf 2,75 Milliarden Euro aufstocken, wovon aktuell etwa 900 Millionen beansprucht sind. Das gibt dem Unternehmen Spielraum auch für die nächste grosse Rückzahlung einer Anleihe in 2024 von über 800 Millionen Euro. «Der Cashflow sollte sich weiter erholen, was einen weiteren Schuldenabbau ermöglicht», fügt Hasanaj an.

Die Chance bei einem Dufry-Investment liegt für Werro hauptsächlich auf der Rückkehr der chinesischen Touristen auf der globalen Ebene. Dem Gegenüber stehen zu hohe Ambitionen bei den Umsatzsynergien mit Autogrill und allgemein zum Umsatzwachstum in den nächsten Jahren. Und stetig ansteigende Mieten, die an die Flughäfen zu zahlen sind.

Auch besteht das Risiko, dass die Erholung im Reisemarkt abebbt, weil die Wirtschaft sich abkühlt. Dem gegenüber steht aber, dass der Reisemarkt grundsätzlich ein Wachstumsmarkt bleibt. 

«Die Chance ist sicherlich, dass Dufry wieder ein ‹normales› Unternehmen wird, nach den Schwierigkeiten in der Pandemie und der grossen Transaktion mit Autogrill», sagt Hasanaj. Das bedeute, dass das Unternehmen seine kurzfristigen Ziele erreicht, die Verschuldung weiter reduziert und womöglich wieder Dividenden zahlt. 

ManuelBoeck
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