Die Richemont-Aktien gewinnen am Montag 0,76 Prozent auf 112,85 Franken, während der Gesamtmarkt gemessen am Swiss Market Index (SMI) 0,14 Prozent verliert. Der Titel hat seit Jahresbeginn 7,7 Prozent an Wert verloren. 

Nachdem die Aktien des Luxusgüter-Unternehmens im ersten Halbjahr dank höherer Verkaufspreise und Hoffnungen auf ein erfolgreiches China-Geschäft in die Höhe getrieben wurden, hat sich das Bild seit Anfang Juli gedreht. Die Hoffnung auf deutlich steigende Umsätze im Reich der Mitte haben sich zerschlagen, nachdem die erhofften Wachstumsimpulse in Fernost ausblieben. Zudem musste der Konzern vor Monatsfrist eingestehen, dass sich auch die Kunden in Europa zunehmend mit Käufen von Luxusuhren zurückhalten. Entsprechend verging seither keine Woche, ohne dass sich Richemont mit Rating-Kürzungen oder Kurszielreduktionen konfrontiert sah.

Dies zeigt sich auch beim Aktienkurs: Seit Erreichen des Jahreshochs Mitte Mai hat der Valor 28 Prozent an Wert verloren. 

Die jüngste Kurszielreduktion kam am Montag von der Royal Bank of Canada, welche das Rating für Richemont auf "Sector Perform" von "Outperform" gesenkt und das Kursziel auf 130 von 170 Franken gestutzt hat. Trotz der Qualität des Konzerns sei er bezüglich der kurzfristigen Aussichten weniger zuversichtlich eingestellt, schreibt Analyst Piral Dadhania. So geht er insgesamt von einer Abschwächung der Trends im Luxussektor aus. Dies gelte angesichts der höheren Preise wahrscheinlich mehr für harte Luxusgüter. Seine Umsatz- und EBIT-Schätzungen für 2023/24 senkte der Analyst um 2 bzw. 5 Prozent und für 2024/25 um 4 beziehungsweise 7 Prozent. Die Anpassungen seien auf ein geringeres organisches Wachstum, eine etwas ungünstigere Währungsumrechnung sowie einen Margenrückgang im Geschäftsjahr 2023/24 zurückzuführen.

Im Gegensatz zu den Kurszielreduktionen der letzten Wochen hat diese jüngste Abstufung die Anleger indessen nicht weiter beeindruckt und die Aktie konnte in einem schwächeren Gesamtmarkt sogar leicht zulegen. Dies könnte nun darauf hindeuten, dass die Talsohle nun erreicht ist. Nicht selten ist es bei einer abgestraften Aktie ein interessanter Zeitpunkt zum Einstieg, wenn sich schlechte Nachrichten nicht mehr negativ auf den Kurs auswirken. Denn von der Qualität und den langfristig optimistischen Perspektiven sind die Analysten überzeugt und das Kurspotenzial kann als intakt bezeichnet werden.

Gemäss Bloomberg empfehlen 24 Analysten die Aktie zum Kauf, neun sind für Halten. Verkaufsempfehlung gibt es keine. Das durchschnittliche Kursziel veranschlagen die Analysten auf 156,70 Franken. Das entspricht einem Aufwärtspotenzial von 38 Prozent auf einen Zeithorizont von 12 Monaten. 

Ferner spricht auch die Kennzahl Kurs-/Gewinn-Verhältnis (KGV) für die Richemont-Aktie. Diese ist im Vergleich zum Jahresbeginn deutlich attraktiver, weil die Analysten den erwarteten Gewinn im Durchschnitt von 6,75 auf 7,48 Euro pro Aktie angehoben haben. Mit dem tieferen Aktienkurs sank das KGV entsprechend von 18 auf aktuell 15,1 Punkte. Sollte sich der Franken zudem nicht mehr derart stark wie zu Jahresbeginn aufwerten, so könnte das den Titeln zukünftig ebenfalls wieder etwas mehr Rückenwind verschaffen. 

Dass der Sektor für Luxusgüter wieder attraktiver wird, zeigt eine Branchenstudie der Citigroup. Die US-Investmentbank stuft am Montag den Luxusgütersektor auf "Overweight" hoch. Der Sektor habe in letzter Zeit unterdurchschnittlich abgeschnitten, während die Fundamentaldaten stabil blieben, schreibt das Analysten-Team um Beata Manthey. Innerhalb des europäischen Marktes seien die Luxusgüter im vergangenen Quartal unter den grössten Verlierern gewesen. Insgesamt sehe die Branche überverkauft aus. Dies treffe umso mehr zu, als dass einige der Belastungsfaktoren wie höhere Zinsen und ein nachlassendes Wirtschaftswachstum in China langsam nachlassen sollten. Dies wiederum könnte dann auch einen Treiber für einen Aufwärtstrend darstellen.

Gerade mit Blick auf China habe es zuletzt einige ermutigende Signale von der Datenfront gegeben, wie etwa die unerwartet starke Industrieproduktion, die Einzelhandelsumsätze und die Gewinne in der Industrie. Nach Ansicht der Citigroup-Ökonomen könnte ein zyklischer Tiefpunkt im chinesischen Wachstum mittlerweile erreicht sein. Ein Stimmungsumschwung würde den in China exponierten Sektoren wie Luxusgüter aber auch Europa im Allgemeinen helfen.

Mit Material der Nachrichtenagentur AWP

Thomas Daniel Marti
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