«Bevor unsere Soldaten in das Krankenhaus vorgedrungen sind, waren sie mit Sprengsätzen und Gruppen von Terroristen konfrontiert. Es folgten Kämpfe, bei denen Terroristen getötet wurden», teilte das Militär am Mittwoch mit. Im Armeeradio war von fünf Toten die Rede. Zudem seien in dem Klinik-Gebäude Waffen gefunden worden. Israel vermutet in Hamas-Tunnelsystemen unter dem Krankenhaus eine Kommandozentrale der Islamisten-Gruppe. Die Hamas bestreitet dies. Seit Tagen wurde der Gebäudekomplex von der israelischen Armee belagert.
«Auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen und einer operativen Notwendigkeit führen die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) einen präzisen und gezielten Einsatz gegen die Hamas in einem bestimmten Bereich des Schifa-Krankenhauses durch», teilte die israelische Armee mit. Sie forderte alle Mitglieder der militanten Gruppe in dem weitläufigen Krankenhaus-Komplex auf, sich zu ergeben. Reuters konnte die Lage in der Klinik unabhängig nicht überprüfen. Weniger als eine Stunde zuvor hatte das israelische Militär die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde in Gaza-Stadt gewarnt, es werde den Krankenhauskomplex «in den nächsten Minuten» angreifen.
Nach Angaben der Hamas sind 650 Patienten und weitere 5000 bis 7000 Zivilisten auf dem Krankenhausgelände eingeschlossen. Aufgrund des Mangels an Treibstoff, Wasser und Lebensmitteln seien in den letzten Tagen 40 Patienten gestorben. Insgesamt gebe es rund 100 Leichen, die im Inneren verwesten und nicht geborgen werden könnten, teilte die Hamas-Gesundheitsbehörde mit.
Das israelische Militär erklärte, an dem Einsatz seien Sanitätsteams und arabisch-sprechende Soldaten beteiligt, die zum Schutz der Zivilbevölkerung in diesem schwierigen Umfeld ausgebildet wurden. Zuden seien Brutkästen für Frühgeborene und Babynahrung in das Krankenhaus gebracht worden. Der medizinische Bedarf sei ungeachtet des militärischen Einsatzes in das Hospital geliefert worden. In der Klinik befinden sich nach palästinensischen Angaben derzeit 36 Neugeborene, drei sind demnach gestorben.
Bei dem Vergeltungsfeldzug Israels für das Hamas-Massaker vom 07. Oktober sind nach palästinensischen Angaben bislang mehr als 11.000 Menschen im Gazastreifen getötet worden, darunter etwa 40 Prozent Kinder. Etwa zwei Drittel der 2,3 Millionen Einwohner des Küstenstreifens sind obdachlos und können das Gebiet nicht verlassen, in dem Lebensmittel, Treibstoff, Trinkwasser und medizinische Versorgung knapp werden.
Bei dem Angriff von Hamas-Kämpfern waren israelischen Angaben zufolge im Oktober bis zu 1400 Menschen getötet worden, die meisten davon Zivilisten, und etwa 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Deren Schicksal ist nach wie vor unklar. Israel geht davon aus, dass ein Grossteil von der Hamas in den Tunnelsystemen in Gaza gefangengehalten wird. Israel hat als Ziel ausgegeben, die Hamas zu vernichten.
Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen erklärte, sie mache Israel und US-Präsident Joe Biden in vollem Umfang verantwortlich. Die Erklärung der US-Geheimdienste vom Dienstag, wonach die USA Israels Schlussfolgerung unterstützten, dass Militante von dem Komplex aus agierten, habe Israel «grünes Licht» für die Razzia gegeben. Die USA äusserten sich zunächst nicht dazu.
Die israelischen Streitkräfte hatten sich in den vergangenen zehn Tagen einen Häuserkampf mit Hamas-Kämpfern geliefert, bevor sie ins Zentrum von Gaza-Stadt vorrückten und die Al-Schifa-Klinik umstellten. Israel hatte am Dienstag erklärt, dass die Hamas nach Geheimdienstinformationen unter dem Krankenhaus eine Kommandozentrale habe und die Klinik und die darunter liegenden Tunnel zur Verschleierung militärischer Einsätze benutze. Offenbar würden dort auch aus Israel entführte Geiseln festgehalten.
Der Sprecher der israelischen Armee, Peter Lerner, sagte dem Sender CNN, das Krankenhaus und der Komplex seien für die Hamas «ein zentraler Knotenpunkt ihrer Einsätze, vielleicht sogar das schlagende Herz und vielleicht sogar ihr Schaltzentrale». Die USA erklärten, eigene Geheimdienstinformationen stützten diese Schlussfolgerungen. Die Hamas bestreitet die Vorwürfe.
(Reuters)