Einwohner von Gaza-Stadt berichteten am Montag von Dutzenden Luftangriffen auf Gebiete im Osten der Stadt. Es seien Panzer zu hören gewesen und zu Schusswechseln gekommen. «Wir bewegen uns am Boden, suchen die Terroristen und greifen sie aus der Luft an», sagte ein Militärsprecher. «Es gibt auch Kämpfe zwischen Bodentruppen und Terroristen. Die Gefechte finden im Gazastreifen statt.» Auf einem Bild, das über soziale Netzwerke verbreitet wurde, war ein Panzer auf einer wichtigen Verbindungsstrasse in Richtung Süden zu sehen. Aus dem Westen sei die Küstenstrasse wiederholt aus der Luft und von Schiffen aus beschossen worden, erzählten Anwohner. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte die Berichte nicht unabhängig bestätigen.

Die israelische Armee bestätigte zudem, dass eine Soldatin während der israelischen Bodenoperation in Gaza befreit wurde. Sie sei am 7. Oktober während der brutalen Überfälle auch auf die Zivilbevölkerung von der Hamas entführt worden, so ein Armeesprecher.

Das israelische Militär sprach von 600 getroffenen Zielen in den vergangenen Tagen. Die Soldaten hätten Dutzende militante Palästinenser getötet, die sich in Gebäuden und Tunneln verschanzt hätten. Darunter seien vier hochrangige Hamas-Kommandeure gewesen. Die Islamisten erklärten, sie hätten einen israelischen Panzerangriff abgewehrt und kämpften nun in der Nähe der Grenze gegen die Armee. Palästinensische Medien berichteten von Gefechten östlich der Stadt Chan Junis. In Rafah in der Nähe des einzigen offenen Grenzübergangs in den Gazastreifen waren Luftangriffe zu hören.

Palästinensischen Angaben zufolge wurden Gebiete in der Nähe von drei Krankenhäusern aus der Luft beschossen. Israel wirft der Hamas vor, Kommandozentralen und Waffenlager in der Nähe von Hospitälern einzurichten, was die Islamisten-Organisation zurückweist. Nach Zählung der UN-Nothilfe-Organisation OCHA haben 117.000 Menschen in Krankenhäusern Schutz gesucht. Israel erneuerte seine Aufforderung an die Bewohner von Gaza-Stadt, sich in den Süden in Sicherheit zu bringen. Allerdings blieben viele Menschen in Gaza-Stadt aus Furcht davor, obdachlos zu werden.

Auch aus dem besetzten Westjordanland wurden Zusammenstösse zwischen israelischen Sicherheitskräften und Gruppen radikaler Palästinenser gemeldet. Nach palästinensischen Angaben wurden bei einer Razzia des israelischen Militärs in der Stadt Dschenin vier Menschen getötet.

Telefon- und Internetverbindungen gestört

Bei den Luftangriffen seien die Telefon- und Internetverbindungen in einigen Gebieten im Norden des Gazastreifens weitgehend ausgeschaltet worden, in denen sich Kommandozentralen der Hamas befänden, erklärte der Telekommunikationsanbieter Paltel. Israel zufolge befindet sich der Krieg gegen die Hamas in der «zweiten Phase», Regierung und Militär sprechen aber nicht vom Beginn der erwarteten Bodenoffensive. Die Lage für die palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen wird immer schwieriger. Sie sind weitgehend von der Aussenwelt abgeschnitten, die Versorgung mit Lebensmitteln und Energie ist knapp, es kommt zu Plünderungen. OCHA-Angaben zufolge erreichten am Sonntag 33 Lastwagen mit Hilfsgütern den Gazastreifen - so viele wie seit Beginn des Konflikts nicht, aber nicht genügend, um den Bedarf der Menschen zu decken.

Israel hatte das Küstengebiet vollständig abgeriegelt, nachdem Hamas-Kämpfer am 7. Oktober Israel überfallen hatten. Die Islamisten hatten dabei nach israelischen Angaben rund 1400 Menschen getötet und mindestens 239 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, darunter auch deutsche Staatsbürger. Die Deutsch-Israelin Shani Louk ist nach Angaben ihrer Familie inzwischen tot. Die junge Frau war am 7. Oktober beim Angriff der Hamas auf ein Musikfestival entführt worden. Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich entsetzt über die Nachricht. «Das zeigt die ganze Barbarei, die hinter der Hamas steckt», sagte er. «Deshalb muss die Hamas dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden.» Für den Mord gebe es überhaupt keine Rechtfertigung.

Rufe nach Feuerpause

Insgesamt kamen nach Hamas-Angaben 50 der Geiseln ums Leben. Vier wurden freigelassen. Nach palästinensischen Angaben wurden seit Beginn des Krieges mehr als 8300 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die von der Hamas kontrollierte Verwaltung des dicht besiedelten Gebiets, in dem 2,3 Millionen Menschen leben, berichtete, unter den Toten seien 116 Mediziner und 35 Journalisten. Zahlreiche Menschen werden vermisst und sind möglicherweise unter den Trümmern verschüttet.

Grossbritannien macht sich nach Angaben des Aussenministeriums unterdessen für eine humanitäre Feuerpause stark, um weitere Hilfskonvois in das Gebiet zu entsenden. Ein Sprecher der israelischen Agentur Cogat, die für die Zusammenarbeit zuständig ist, kündigte an, in den kommenden Tagen deutlich mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen zu lassen. Einem Insider zufolge setzten Vertreter Israels und der Hamas unter Vermittlung Katars am Sonntag ihre Verhandlungen fort. Die Hamas forderte eine fünftägige Feuerpause als Gegenleistung für die Freilassung der Geiseln, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person, die nicht genannt werden wollte.

(Reuters)