Gemäss dem IPO-Barometer des Beratungsunternehmens EY stieg im ersten Semester 2017 die Zahl der weltweiten Börsengänge zum Vorjahreszeitraum um 70 Prozent auf 772. So viele IPO (Initial Public Offering) gab es letztmals im ersten Halbjahr 2007.

2007 war in den letzten zehn Jahren auch in der Schweiz das Jahr mit den meisten Börsengängen. Zehn waren es damals, fünf im ersten und fünf im zweiten Halbjahr, als an den Börsen der Crash einsetzte. Was die Frage aufwirft, wie sich nicht nur die Schweizer Börsengänge der IPO-Boomzeiten vor zehn Jahren entwickelt haben, sondern auch all die folgenden bis heute. Speziell ist auch das Umfeld: Der Swiss Performance Index (SPI) hat von Anfang 2007 bis heute über 50 Prozent zugelegt, allerdings wird die Bilanz natürlich verpfuscht duch den Börsenabsturz von 2007 bis 2009. Denn vom Tiefpunkt Anfang März 2009 bis heute beträgt das Plus 140 Prozent.

Entwicklung des Swiss Performance Index seit 2007Quelle: SIX Group

Eine Auswertung von cash mit den Performance-Daten des Börsenbetreibers SIX zeigt folgende Schweizer IPO-Bilanz in den letzten zehn Jahren:  Von den insgesamt 52 Börsenneulingen weisen immerhin deren 28 eine positive Kursentwicklung vom IPO bis heute auf. Doch nicht weniger als 16 haben an Wert eingebüsst, zum Teil bis zum Totalverlust. 8 Aktien wurden wieder dekotiert (siehe Tabelle unten Top und Flop 10).

Das zeigt: Investitionen in neukotierte Gesellschaften sind riskant und ähneln bisweilen einem Roulette-Spiel. Zwischen Kursgewinnen von bis zu 543 Prozent und einem 99-prozentigen Wertzerfall liegt alles drin. Vor allem mit anfangs hoffnungsvollen, aber unprofitablen Unternehmen auf dem Biotech-Bereich haben Anleger viel Geld verloren.

Cosmo und VAT mit erstaunlicher Performance

IPO-Spitzenreiter seit der Kotierung in den letzten zehn Jahren ist das Spezialitätenparma-Unternehmen Cosmo (+543 Prozent), welches im März 2007 an die Börse ging und bis heute 12mal stärker zulegen konnte als der SPI (+44 Prozent). Allerdings stieg der Cosmo-Kurs nur in den Jahren 2012 bis 2014 sehr stark an. Seither zeigt Aktie nur noch seitwärts. Neue Kursimpulse könnten durch eine erfolgreiche US-Platzierung von neuen Produkten kommen.

Besonders erwähnenswert ist der Kursanstieg von 143 Prozent des Vakuumventilherstellers VAT, zumal dessen "Börsen-Karriere" erst vor 16 Monaten begann. Und das in einem Gesamtmarkt, der im selben Zeitraum 23 Prozent Performance zulegte. Diverse Analysten trauen der VAT-Aktie einen noch höheren Kurs zu, da Wachstum und Marge auch in den nächsten Jahren hoch sein sollen.

Bei anderen "Top 10"-Titeln muss die Kursperformance doch etwas relativiert werden: So erscheinen die Kurszunahmen von Hochdorf mit plus 128 Prozent und Autoneum mit plus 118 Prozent überaus hoch. Doch profitierten diese Titel sehr stark von einem generell anziehenden Markt in dieser Zeitperiode, der SPI legte ungefähr 90 Prozent zu. Nichtsdestotrotz konnten die Aktien den Gesamtmarkt schlagen.

Auffallend ist auch die gute Leistung der sonst eher als langweilig verschrienen Kantonalbank-Aktien. Die Glarner KB, ein Spitzenreiter bei der Banken-Digitalisierung, nimmt in der IPO-Liste Platz 10 ein mit plus 62 Prozent seit Juni 2014. Nicht auf die Liste hat es die Thurgauer KB geschafft, die sich zwei Monate früher kotieren liess und eine Performance von immer noch beachtlichen 25 Prozent aufweist.

Enttäuschungen und ein undurchsichtiger Börsenneuling

Während sich auf den vorderen Rängen etwas überraschend auch die zwischenzeitlich sehr tief gefallene Leonteq-Aktie (+147 Prozent) behaupten kann, tauchen zwei "Anlegerlieblinge" überhaupt nicht auf: Sunrise und Cembra. Die im Mai 2015 kotierte Sunrise (+9 Prozent) muss sich gar vom SPI (+21 Prozent) geschlagen geben. Besser lief es dem Konsumkreditinstitut Cembra, welches mit plus 48 Prozent seit Oktober 2013 (SPI +31 Prozent) die Top 10 nur knapp verfehlt hat. Allerdings haben beide Titel ein anderes Kaufargument: Die hohe Dividendenrendite. Bei Sunrise liegt diese derzeit bei 4,2 Prozent, bei Cembra sogar bei 5,5 Prozent.

Am unteren Ende der Rangliste finden sich (wenig überraschend) drei Biotechunternehmen: Relief Therapeutics, Addex und Evolva. Es ist quasi das Schicksal von solchen Biotech-Startups (und auch deren Anleger), dass der Kurs entweder massiv in die Höhe schiesst - oder eben ins Bodenlose fällt. Nicht überraschend ist auch die schlechte Performance des Backwarenherstellers Aryzta (-50 Prozent) und des Online-Reisebüros Lastminute.com (-70 Prozent), die beide in der Vergangenheit Enttäuschung an Enttäuschung reihten. Bei Aryzta besteht immerhin die Hoffnung auf einen Neuanfang, nachdem die Führung jüngst komplett ausgewechselt wurde.

Etwas bizarr mutet die Börsenkotierung von Rapid Nutrition von diesem März an. Das IPO des Nahrungsmittelergänzungsherstellers wurde von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, hat aber seither 90 Prozent verloren. Speziell ist der Firmenhintergrund: Während der Sitz in London liegt, wird die Bilanz in australischen Dollar verrechnet, wo die Firma ebenfalls einen Sitz hat. Die Hauptmärkte liegen jedoch in der Türkei und in Georgien. Rapid Nutrition zog sich 2016 von der deutschen Börse zurück, da die Börse den Titel aus unbekannten Gründen mehrere Male vom Handel aussetzen liess. 

Börsengänge seit 2007: Top 10

TitelDatum IPOPerformance seit IPO (in %)Performance SPI (in %)
Cosmo12.3.2007+543+44
Burkhalter20.6.2008+438+72
VZ Holding23.3.2007+218+41
u-blox26.10.2007+154+40
Leonteq19.10.2012+147+65
VAT4.5.2016+143+23
Hochdorf12.7.2011+128+86
Autoneum17.7.2011+118+92
SFS7.5.2014+63+24
Glarner KB24.6.2014+62+20

Quellen: cash.ch, SIX

Börsengänge seit 2007: Flop 10

TitelDatum IPOPerformance seit IPO (in %)Performance SPI (in %)
Relief Therapeutics26.8.2009-99+93
Addex22.5.2007-97+35
Evolva10.4.2009-96+140
Orascom16.5.2008-95+60
Rapid Nutrition29.3.2017-90+8
LumX (ehem. Gottex)6.11.2007-88+43
Lastminute.com (ehem. Bravofly Rumbo)15.4.2014-70+27
Edisun Power4.3.2008-56+71
Aryzta5.3.2008-50+70
ENR Russia Invest19.11.2007-45+126

Quellen: cash.ch, SIX