Nach dem erfolgreichen ersten Quartal fürchten Investoren angesichts sinkender Nachfrage der Verbraucher und steigendem Druck auf die Profitmargen, dass der positive Börsentrend enden könnte. Denn die Aktien in Europa sind von einem 14-Monats-Hoch im April zurückgefallen. Es gebe "weiter Wolken am Horizont", erläutert Luca Fina von der Generali Insurance Asset Management.
Rund die Hälfte der im Index STOXX 600 erfassten Unternehmen haben ihre Bilanzen für das erste Quartal präsentiert und rund zwei Drittel haben dabei die Erwartungen übertreffen können. Damit präsentieren sie sich stärker als im Mittel der vergangenen Quartale, in denen typischerweise nur rund die Hälfte besser als erwartet abschnitt.
Während Banken in den USA und in der Schweiz gerettet werden mussten, schlugen sich europäische Geldhäuser wie BNP Paribas, Barclays oder die Deutsche Bank besser als von Experten vorausgesagt. Auch Konsumgüterhersteller wie Nestle oder Unilever konnten dank Preiserhöhungen steigende Kosten wegstecken - sie übertrafen die Prognosen ebenfalls.
Der Luxusgüterkonzern LVMH - er verfügt über den höchsten Börsenwert in Europa - konnte dank des Endes der Covid-Restriktionen in China einen Umsatzsprung vorweisen. Damit dürften die operativen Gewinne der Unternehmen voraussichtlich um 7,3 Prozent im ersten Quartal zulegen - davor war nach Refinitiv-Daten noch ein Rückgang erwartet worden. Doch der STOXX 600 notiert trotz des Ergebnis-Feuerwerks noch immer rund sieben Prozent unter seinem Hoch aus dem Januar 2022 von vor dem Beginn des russischen Einmarsches in der Ukraine.
Fragezeichen hinter steigenden Unternehmensgewinnen
Und dunkle Wolken scheinen sich in der Tat am Horizont zu zeigen. Vergangene Woche stufte die US-Grossbank JP Morgan Aktien aus der Euro-Zone auf "untergewichten". Generali-Experte Fina verweist auf steigende Kapitalkosten und aus dem US-Haushaltsstreit erwachsende Risiken. Die robusten Margen vieler Konzerne könnten im Verlauf des Jahres unter Druck geraten.
Es könnte ein weiteres Wachstum der Umsätze im Jahresverlauf geben, doch hinter einem weiteren Wachstum der Gewinnmargen stehe angesichts hoher Zinsen ein Fragezeichen, sagt Florian Ielpo von Lombard Odier Asset Management. Die Kapitalkosten könnten steigen und die Nachfrage der Verbraucher nachlassen - und damit auch die Möglichkeiten der Konzerne schwinden, Preiserhöhungen durchzusetzen.
Analysten fürchten auch, dass den Verbrauchern in Europa angesichts anhaltend hoher Preise die Ersparnisse ausgehen könnten - schlecht für den Konsum. Die Europäische Kommission geht für die Euro-Zone nicht von einem Abebben der Inflation aus. Sie veranschlagt für 2023 in ihrer aktuellen Vorhersage einen Anstieg der Verbraucherpreise von durchschnittlich 5,8 Prozent nach 5,6 Prozent in ihrer Winterprognose.
Doch die Unternehmen sehen die Welt nicht deutlich pessimistischer. Im ersten Quartal gab es keine Welle von Firmen, die ihre Prognose nach unten revidiert haben. Zwar seien die Ausblicke der Konzerne nicht mehr ganz so positiv, doch sei die Zahl der Unternehmen, die ihre Prognosen senkten, nicht angestiegen, erklärten Barclays-Analysten.
(Reuters)
1 Kommentar
"Inflation war noch nie das «Geräusch des Wirtschaftsmotors». Inflation gab es immer nur dann, wenn die Geldpolitik zu locker war und das war sie zweifellos, sowohl in den 70-igern und dann wieder seit 1998 in der EU.
Hildebrand hat noch nicht verstanden, warum die zu hohe Geldmenge seit 1998 eben nicht zu einer hohen Inflation führen konnt. Daher versteht er auch nicht seit wann und warum sich dieses Zeitfenster nun dabei ist zu schließen.
Das inhaltsfreie Gefasel von Angebotsgründe ist der unbeholfene Versuch sich die Sache irgendwie zu erklären, die so nicht erklärt werden kann.
Nenneswerte Inflation gibt es nicht aufgrund von Nachfrage oder Angebotseffekten sondern nur dann, wenn es zu einer Lohn-Preis-Spirale kommt. Diese ist erstmal seit 1994 zunehmend wieder möglich.
Es spielt auch keine Rolle, dass die Rückkehr zu einer vernünftigen Geldpolitik Arbeitsplätze vernichtet oder eine Rezession auslöst. Rezessionen gehören zum Kapitalismus nun einmal dazu. Rezessionen sorgen dafür, dass wirtschaftlich überflüssige Anbieter von Markt verdrängt werden. Das ermöglich technischen Fortschritt und damit Produktivitätsfortschritt: Nur dadurch sind Reallohnsteigerungen überhaupt möglich.
Wir werden vermutlich ab April Mai einen leichten Rückgang der Inflationsrate haben. Die Lieferprobleme werden sich entspannen. Spätetestens in einigen Monaten wird die Inflationsrate wieder ansteigen, wenn die Geldpolitik falsch bleibt.
Aber das alles ändert nichts an der Tatsache, dass die Löhne in Asien sich nun unserem Nievau immer weiter annähern. Dadurch bringt der verstärkte Import des Westens nicht mehr die Preissenkungseffekte, die es früher gab.
Treiber der Inflation ist dazu die immer weiter ansteigende Staatsquote und Steuerlast in D und die verteuerten Preise (nicht nur für Energie) bei gleichzeitig vernichtetem Volksvermögen aufgrund des Klimaschwindels. Die Unterschichtler haben nichts mehr zu beißen und werden Lohnerhöhungen verlangen, die die Inflation weiter anheizen."
Ex-SNB-Chef Hildebrand warnt vor Inflations-Bekämpfung
Philipp Hildebrand: Der frühere SNB-Chef arbeitet heute für den Vermögensverwalter Blackrock.
Wer mit Zinserhöhungen die Teuerung bekämpfe, verwende veraltete Handbücher, sagt der Blackrock-Verwaltungsrat. Es drohe hohe Arbeitslosigkeit.
Von Michael Heim
am 28.01.2022 - 13:37 Uhr