Auf diese Weise habe Deutschlands grösste Bank höhere Liquiditäts-Kennziffern zeigen können, sagten zwei mit den Vorgängen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Der rapide Abfluss von Kundengeldern bei der Credit Suisse und bei mehreren US-Regionalbanken hatte die Märkte nervös gemacht und milliardenschwere Rettungsaktionen für die Institute ausgelöst.

Die Deutsche Bank habe sich in den Wochen vor dem Quartalsende Ende März über Collateral Swaps und Repo-Geschäfte zusätzliche erstrangige Sicherheiten geliehen, sagten die Insider. Die EZB-Aufseher seien auf den Vorgang aufmerksam geworden.

Mit den Geschäften habe das Institut seine Liquidity Coverage Ratio (LCR) aufgebessert, eine Kennziffer, die nach der Finanzkrise 2008/09 von den Regulierern eingeführt worden war. Dabei werden Bargeld und Staatsanleihen zu 100 Prozent angerechnet, für andere, weniger liquide Mittel gibt es Abschläge zwischen sieben und 50 Prozent.

Eine LCR von 100 Prozent bedeutet, dass eine Bank ausreichend flüssige Mittel hat, um typische Geldabflüsse von Kunden über 30 Tage abpuffern zu können. Die Europäische Zentralbank (EZB) fordert eine LCR von mindestens 100 Prozent. Im Schnitt lag die Kennziffer bei den Banken in der Euro-Zone Ende des vergangenen Jahres bei 161,5 Prozent, wie ECB-Daten zeigen.

Die Deutsche Bank kam zum 31. März auf 143 Prozent, nachdem ihre LCR eine Woche zuvor bis auf 137 Prozent abgebröckelt war. Ihr eigenes LCR-Ziel von 130 Prozent hätte sie zum Quartalsende auch ohne die Transaktionen erfüllt, sagten die Insider.

Liquidität sei für das Institut nie ein Thema gewesen. Doch CEO Christian Sewing war die Kennziffer wichtig: Mit ihr habe die Deutsche Bank "eine solide Grundlage, um durch die jüngsten Turbulenzen zu navigieren", wie er bei der Vorstellung der Quartalszahlen vor Analysten sagte. "Wir haben einmal mehr unsere Resilienz bewiesen."

Bankenaufsicht der EZB stellte Fragen

Ein Banksprecher sagte, das Institut arbeite aktiv auf ein konservatives Liquiditätsprofil hin. Die 143 Prozent bedeuteten einen Liquiditätspuffer von 63 Milliarden Euro. "Das spiegelt eine umsichtige Steuerung in einem unsicheren Marktumfeld wider."

Die Geschäfte - obwohl sie unter Banken nicht unüblich sind - hätten aber die EZB-Aufseher auf den Plan gerufen, sagten die Insider. Sie hätten die Deutsche Bank im Rahmen von Routinekontakte dazu befragt. Ein ECB-Sprecher lehnte einen Kommentar ab.

"Als Aufseher wäre ich besorgt, wenn das am Ende des Quartals gemacht würde, um besser auszusehen", sagte Thorsten Beck, Professor an der Universität Florence School of Banking and Finance und Mitglied des wissenschaftlichen Beraterteams für den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken. "Ich würde das prüfen".

Die jüngste Krise hat ohnehin Zweifel daran geschürt, wie aussagekräftig die LCR ist. Die Credit Suisse hatte weniger als eine Woche vor ihrer Not-Übernahme durch den Rivalen UBS noch eine LCR von 150 Prozent gemeldet. Im Online-Zeitalter haben Kunden viel schneller die Möglichkeit, ihr Geld abzuziehen als früher, als sie sich in Schlangen vor den Filialen einreihen mussten. Über soziale Medien lösen Gerüchte zudem viel schneller Massenbewegungen aus.

Kundeneinlagen seien nicht mehr so stabil wie man früher gedacht habe, sagte der Präsident der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Mark Branson, im Mai. "Vertrauen kann nicht in Zahlen ausgedrückt werden", sagt Bankenprofessor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Über den Nutzen solcher Liquiditätsmaße werde seit Jahrzehnten debattiert.

"Wenn ich ein Regulierer wäre, würde ich es hassen", so Burghof mit Blick auf die Praxis von Banken, ihre LCR durch Swaps und andere Geschäfte in die Höhe zu treiben. Marco Troiano, der sich für die Ratingagentur Scope mit der Branche beschäftigt, hält die LCR aus einem weiteren Grund für wenig hilfreich: Meistens werde sie zusammen mit den übrigen Quartalszahlen veröffentlicht - mit einem Monat Verspätung.

(Reuters)