Cyberangriffe und stillstehende Produktionsanlagen bereiten Unternehmen einer Umfrage der Allianz-Grosskundensparte AGCS zufolge zwar weiterhin die meisten Sorgen. Doch zunehmend rücken auch die weltweite Konjunkturabkühlung, die steigenden Preise und die Energiekrise in den Blick der Manager. "Die Unternehmen – vor allem in Europa und den USA – machen sich Sorgen über die anhaltende 'Permakrise', die aus den Nachwehen der Pandemie und den wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des anhaltenden Krieges in der Ukraine resultiert", sagte AGCS-Chef Joachim Müller. "Die aktuelle Lage ist ein Stresstest für jedes Unternehmen."

Mit jeweils 34 Prozent der Antworten liegen Cyberattacken und Betriebsunterbrechungen auf den Spitzenplätzen, wenn Manager nach ihren drei grössten Sorgen befragt werden. Im Vorjahr hatten sich noch 44 Prozent der Firmenchefs, Risikomanager und Versicherungsexperten besorgt wegen Hackerangriffen geäussert, 42 Prozent waren wegen Betriebsunterbrechungen besonders besorgt. Die Unternehmen hätten ihre Lieferketten robuster gemacht, seien besser gewappnet gegen Unterbrechungen ihres Geschäftsbetriebs und hätten ihre Cyberkontrollen ausgebaut, sagte Müller.

Auch im laufenden Jahr sei mit einer hohen Zahl erpresserischer Ransomware-Angriffe zu rechnen, zugleich seien die durchschnittlichen Kosten einer Datenpanne mit 4,35 Millionen Dollar so hoch wie nie zuvor und könnten in diesem Jahr die Schwelle von fünf Millionen Dollar überschreiten, hiess es. Der Krieg in der Ukraine und weitere geopolitische Spannungen erhöhten das Risiko eines gross angelegten Cyberangriffs durch staatlich geförderte Akteure. "Grosse Unternehmen sind mittlerweile daran gewöhnt, zur Zielscheibe zu werden, und diejenigen, die über ein angemessenes Niveau an Cybersicherheit verfügen, können die meisten Angriffe abwehren", sagte AGCS-Vorstandsmitglied Shanil Williams,

An dritter Stelle stehen inzwischen makroökonomische Veränderungen, die von 25 Prozent der Umfrageteilnehmer zu den grössten Sorgen gezählt werden. Es ist das erste Mal seit einem Jahrzehnt, dass die Firmen die weltweite Konjunkturabkühlung zu ihren grössten Risiken zählten. Derzeit befänden sich alle drei grossen Wirtschaftsräume - die USA, China und Europa - in einer Wirtschaftskrise. Die Experten von Allianz Research rechnen für das laufende Jahr mit einer Rezession in den USA und in Europa. Dazu kommt die Inflation, die derzeit so hoch ist wie seit Jahrzehnten nicht, und welche schwer auf den Gewinnmargen der Unternehmen lastet. Wirtschaftlich gesehen dürfte 2023 für viele Haushalte und Unternehmen ein Jahr zum Vergessen werden, sagte Allianz-Chefvolkswirt Ludovic Subran. Mittelfristig seien die Aussichten aber deutlich besser.

Gut jedes fünfte Unternehmen nennt die Energiekrise als grosses Risiko, in Deutschland ist es sogar jedes dritte. Nach Einschätzung der Allianz handelt es sich um das besorgniserregendste Risiko: Einige Industriezweige wie die Chemie-, Düngemittel-, Glas- oder Aluminiumbranche könnten von einer einzigen Energiequelle abhängig sein. Der russische Gas-Lieferstopp macht ihnen besonders zu schaffen. "Wenn solche Basisindustrien Probleme haben, können sich die Auswirkungen in anderen Sektoren weiter unten in der Wertschöpfungskette bemerkbar machen", schrieben die Allianz-Experten. Inzwischen entspannt sich die Lage an den Energiemärkten jedoch wieder, unterstützt durch die milde Witterung. Die Stimmung in der Chemischen Industrie hellt sich entsprechend auf; das Geschäftsklima der Branche verbesserte sich nach Berechnungen des Ifo-Instituts den dritten Monat in Folge.

Naturkatastrophen und der Klimawandel rücken dagegen etwas in den Hintergrund, trotz Hitzerekorden, Dürre und verheerenden Wirbelstürmen. Die Angst vor der Pandemie spielt keine grössere Rolle mehr. 

(Bloomberg/cash)