«Wir erwarten eine schrittweise Nachfrage-Erholung», sagte Jochen Hanebeck, der Chef des Chip-Herstellers, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Ausserdem hob er die Ziele für das stürmisch wachsende Geschäft mit Leistungshalbleitern für KI-Rechenzentren an. «Unseren Umsatz in diesem Bereich werden wir auf rund 600 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Das sind rund 100 Millionen Euro mehr, als wir im November prognostiziert haben.» Wegen der schleppenden Chip-Nachfrage aus der Autobranche und der Industrie ging der Umsatz im abgelaufenen Quartal zwar zurück, insgesamt fielen die Zahlen des Chip-Herstellers aber besser aus als gedacht.
An der Börse wurde das mit Erleichterung aufgenommen. Der französisch-italienische Halbleiter-Produzent STMicro hatte mit einem Gewinneinbruch und der Ankündigung von Werksstilllegungen die Chipaktien in der vergangenen Woche ins Minus getrieben. Nun stiegen die Infineon-Aktien um bis zu 12,5 Prozent, so stark wie zuletzt vor einem Dreivierteljahr. Mit 35,17 Euro erreichten sie den höchsten Stand seit etwa sieben Monaten. «Liest man zwischen den Zeilen, avancieren die Münchener zu einem ernstzunehmenden Profiteur des Hypes rund um das Thema Künstliche Intelligenz», sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets.
Zum Einfluss der neuen chinesischen Künstlichen Intelligenz (KI) DeepSeek auf das Geschäft von Infineon äusserte sich Hanebeck vage. Auf der einen Seite könnte der geringere Bedarf an Rechenpower den Ausbau von Rechenzentren bremsen. Auf der anderen Seite könnte sich durch die günstigen Preise die Verbreitung von KI beschleunigen, was den Bedarf an Cloud-Kapazitäten in die Höhe treiben würde.
DeepSeek gibt sich den Angaben zufolge für Training und Betrieb mit vergleichsweise schwachen Prozessoren zufrieden und ist westlichen Konkurrenten wie ChatGPT dennoch ebenbürtig. Ausserdem hat die Entwicklung der Software nach Aussagen des chinesischen Startups nur einen Bruchteil der sonst üblichen Summen verschlungen.
Das abgelaufene erste Quartal des Geschäftsjahres 2024/25 war Hanebeck zufolge geprägt von einem anhaltenden Lagerabbau bei den Kunden, die deshalb weniger Nachschub orderten. Daher schrumpfte der Infineon-Umsatz um acht Prozent auf 3,424 Milliarden Euro. Die Segmentergebnis-Marge lag bei 16,7 Prozent. Das lag beides über den im November ausgegebenen Zielen: Der Konzern hatte einen Umsatz von 3,2 Milliarden Euro und eine Marge von 15 Prozent in Aussicht gestellt. Allerdings räumte der Infineon-Chef ein, dass etwa die Hälfte der Differenz zur Prognose auf das Konto der aktuellen Dollar-Stärke gehe.
Aus dem gleichen Grund rechnet das Management nun für das Gesamtjahr 2024/2025 mit stabilen bis leicht steigenden statt leicht rückläufigen Erlösen. Die Segmentergebnismarge soll im mittleren bis hohen Zehner-Prozentbereich liegen. Analyst Jürgen Wagner vom Brokerhaus Stifel, Nicolaus & Co wertete die vom Unternehmen prognostizierte Erholung des Automobil-Geschäfts und den im Vergleich zur Konkurrenz ermutigenderen Gesamtausblick positiv. «Dies bestätigt das überlegene Produktportfolio von Infineon, insbesondere im Automobilbereich.»
(Reuters)