Die meldepflichtigen Vermögensverwalter haben in den Franken-Futures massive Shortpositionen aufgebaut. Seit Anfang Jahr haben sie so viele Futures-Kontrakte gegen den Franken akkumuliert, dass ihre Shortposition das Sechsfache der sonst üblichen Positionierung entspricht. Das heisst mit anderen Worten: Die Vermögensverwalter setzten darauf, dass der Franken an Wert verliert.
Laut Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank, ist Nationalbank-Chef Thomas Jordan für diese Entwicklung verantwortlich. "Mit seinen Aussagen, dass die SNB bei Bedarf die Zinsen noch weiter senken kann, hat Thomas Jordan die Spekulation auf noch tiefere Negativzinsen geweckt, was den Franken mit nach unten ziehen sollte", schreibt Stucki in einem Anlagekommentar der Bank.
Jordan thematisierte Mitte April den der Frühlingstagung des Weltwährungsfonds in Washington erstmals explizit eine mögliche Ausweitung der Negativzinsen in der Schweiz, die seit vier Jahren bei minus 0,75 Prozent stehen. Neben Devisenkäufen hatte die SNB in den letzten Jahren auch immer wieder verbal interveniert, um einer Frankenaufwertung entgegenzusteuern.
Die Wette der US-Vermögensverwalter gegen den Franken sei daher vor allem eine Wette auf die Nationalbank, so Stucki weiter. Die Investoren positionierten sich so einseitig, weil sie sich von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) geschützt sähen. "Faktisch übernimmt in ihren Augen die Nationalbank für sie das Risikomanagement", schreibt Stucki.
Stucki hat ein geübtes Auge für das Beobachten der Investorenaktivitäten rund um den Franken. Stucki war früher als Leiter Asset Management der SNB verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.
Gefährliche Wette
Laut Stucki ist die Wette der US-Investoren aber auch gefährlich. Die Eskalation des Handelsstreites zwischen den USA und China haben den Franken in letzter Zeit eher gestärkt als geschwächt. So notiert die Schweizer Währung gegen den Euro aktuell bei 1,1275, so fest wie seit fünf Wochen nicht mehr.
Kursverlauf des Frankens zum Euro in den letzten drei Monaten. (Quelle: cash.ch).
Es könne also gefährlich sein, sich zum Schutz gegen eine Frankenaufwertung auf das Eingreifen der SNB zu verlassen, so Stucki weiter. "Die Nationalbank wird mit Interventionen eine schnelle und starke Aufwertung des Frankens zwar stoppen, aber nicht auf den aktuellen Niveaus, sondern erst einige Rappen tiefer." Die einseitige Shortpositionierung gegen den Franken beinhalte somit die Gefahr, dass es plötzlich zu einer starken Gegenbewegung komme.
"Wenn die Nervosität auf den Finanzmärkten steigt, wird die Schweizer Währung plötzlich wieder gesucht sein", so Stucki. Dann werde die Spekulation zunehmende Verluste begrenzen und die Shortpositionen würden geschlossen. Das würde den Aufwertungsdruck auf den Franken deutlich verstärken. "Ein Absinken des Dollars deutlich unter die Parität und des Euros unter 1,12 ist in einem solchen Fall gut möglich", schlussfolgert Stucki.