Weniger als 30 Gehminuten am Rhein entlang vom Kölner Dom entfernt, wurden bis vor kurzem Wohnungen mit Eichenparkett, grosszügigen Terrassen und Luxusbädern mit Preisnachlässen von bis zu 57'000 Euro angeboten.

Das Angebot des Projektentwicklers Viva Agrippina mit 300 Wohneinheiten sollte die Nachfrage ankurbeln, nachdem potenzielle Käufer in eine «Schockstarre» gefallen waren, als die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank ab 2022 zu einem sprunghaften Anstieg der Hypothekenkosten führten, so Anett Barsch, Leiterin Projektentwicklung bei der deutschen Tochter von Swiss Life Asset Managers.

Wer diese Aktion verpasst hat, hat leider Pech gehabt. Die Rezession auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt, die den ungewöhnlichen Preisabschlag ausgelöst hat, neigt sich dem Ende zu. Auslöser für die Trendwende ist die zunehmende Wohnungsknappheit in den wichtigsten Städten des Landes. In Köln steigen die Immobilienpreise seit vier Monaten in Folge und lagen im Juni um 4 Prozent höher als ein Jahr zuvor, wie eine Bloomberg-Analyse von Daten der Online-Immobilienplattform Immowelt zeigt. Auch in anderen deutschen Städten geht die zweijährige Talfahrt zu Ende.

Ausgeprägte Preiskorrektur

München - historisch gesehen der teuerste Immobilienmarkt Deutschlands - verzeichnete im Juni zum ersten Mal seit August 2022 einen Anstieg. In acht der 14 Grossstädte hat die jährliche Preisveränderung gedreht und in der Finanzmetropole Frankfurt sind die Preise nach Angaben von Immowelt nach einem Rückgang von mehr als 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr im August 2023 nun fast wieder auf dem Break-even-Punkt. «Käufer sind sich wieder sicherer, was sie sich leisten können, und die Nachfrage nach Wohnimmobilien aller Art ist deutlich gestiegen», sagt Silke Peschmann, Vertriebsleiterin beim Immobilienmakler Engel & Völkers in Köln.

In Deutschland war die Preiskorrektur deutlich stärker als in anderen europäischen Ländern, da die Mehrheit der Bevölkerung zur Miete wohnt und mit dem Kauf daher warten kann, anstatt teure Hypotheken aufzunehmen.

In den meisten anderen europäischen Grossstädten ist das schwieriger, da Käufer aufgrund der Knappheit höhere Finanzierungszinsen eher in Kauf nehmen müssen. Laut Bloomberg City Tracker verzeichneten 8 von 12 Städten im letzten Monat Zuwächse. Berlin und Frankfurt gehören zu den wenigen Verlierern, während Paris der grösste Ausreisser ist: In der französischen Hauptstadt sanken die Immobilienpreise im Juni im Vergleich zum Vorjahr um 7,2 Prozent.

Die Erholung in Deutschland ist Teil einer neuen Ära im europäischen Wohnimmobilienmarkt. Während die Zinsen niedrig waren wurden die Preise zum Teil von Investoren getrieben, die auf der Suche nach Rendite waren. Der aktuelle Markt wird eher durch die Grundlagen von Angebot und Nachfrage bestimmt, und diese Dynamik treibt die Preise in die Höhe.

Für Bauträger eine schwierige Umstellung

Auch die Bauunternehmen wurden von höheren Finanzierungskosten getroffen, was die Engpässe auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärft. Das Ifo-Institut schätzt, dass im Jahr 2025 nur 175'000 Wohnungen fertiggestellt werden. Das ist fast ein Drittel weniger als 2023 und weniger als die Hälfte des von der Bundesregierung gesetzten Ziels von 400'000 neuen Wohnungen pro Jahr. Neubauten sind in der Regel teurer als Bestandsimmobilien, sodass der Rückgang einen überproportionalen Einfluss auf das Marktniveau hat.

Angesichts der zunehmenden Angebotsverknappung drängen nun wieder mehr Menschen auf den Markt, die in den eigenen vier Wänden leben wollen, sagt Martin Güth, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg. Das bedeutet, dass die Zuwächse gemächlicher ausfallen dürften. «Kräftige Preisanstiege, wie wir sie im vergangenen Jahrzehnt gesehen haben, dürften bis auf weiteres Geschichte bleiben», sagte er. «Rein unter Renditegesichtspunkten sind Wohnimmobilien aber immer noch nicht wirklich attraktiv.»

Bei Hunderten von zu verkaufenden Wohnungen, die von kompakten Zwei-Zimmer-Wohnungen für 430'000 Euro bis hin zu familiengerechten Vier-Zimmer-Wohnungen für 880'000 Euro reichen, bietet Swiss Life AM seit Januar an, die Grunderwerbsteuer zu übernehmen, die bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises betragen kann. Der Vorteil dieses Anreizes ist, dass er nicht auf den Quadratmeterpreis angerechnet wird und somit keinen Einfluss auf den Beleihungswert hat.

«Wir wollten Kunden ansprechen, die über die nötigen Mittel verfügen, aber den perfekten Zeitpunkt für den Kauf abwarten wollten», so Barsch. Der Schritt hat sich ausgezahlt, und der Bauträger hat fast alle Einheiten des Projekts verkauft, das Mitte 2025 fertiggestellt werden soll.

Trotz der Wiederbelebung der Nachfrage in einem gehobenen Kölner Viertel in der Nähe von Restaurants, Parks und dem Kölner Zoo ist der Aufschwung immer noch auf die florierenden städtischen Zentren Deutschlands beschränkt. Weniger gefragte Standorte — und Bauträger, die in sie investiert haben — haben immer noch zu kämpfen, was angesichts unterschiedlicher Bevölkerungstrends zu einem Zwei-Klassen-Wohnungsmarkt führen könnte.

Während Deutschlands grösste Ballungsräume bis 2040 um bis zu 20 Prozent wachsen könnten, werde die Bevölkerung in weiten Teilen des restlichen Landes zurückgehen und die Nachfrage nach neuem Wohnraum werde in der Folge sinken, prognostiziert Jochen Möbert, Volkswirt bei der Deutschen Bank. Künftig „dürfte die Preisdifferenz zwischen den Regionen also weiter zunehmen«, sagt er.

Staatliche Unterstützung

Es besteht die Gefahr, dass die Kluft zwischen Besitzenden und Besitzlosen wächst. Um diese Lücke zu schliessen, hat die Bundesregierung bis 2027 mehr als 18 Milliarden Euro an staatlichen Mitteln zugesagt, um den Bau von bezahlbaren Wohnungen zu fördern. «Wir brauchen Neubau in grossem Stil», sagte Bundeskanzler Olaf Scholz auf einer Veranstaltung der Bauwirtschaft im Juni.

Bislang hat die Ankündigung wenig Wirkung gezeigt. Grosse deutsche Vermieter wie Vonovia haben Neubauprojekte auf unbestimmte Zeit gestoppt und begründen dies mit gestiegenen Kosten und Bauvorschriften. Mehrere kleinere, hoch verschuldete Bauträger sind bereits unter der Last der höheren Finanzierungskosten zusammengebrochen.

Doch für Unternehmen mit Liquidität und Geduld sind Wohnungsbauprojekte, die sich eher an Bewohner als an Investoren richten, nach wie vor attraktiv. «Der Verkauf von Wohnungen in guten Lagen an Eigennutzer ist momentan wirtschaftlich am sinnvollsten», so Barsch von Swiss Life AM.

(Bloomberg)