Der Immobilien-Boom in der Schweiz geht in die nächste Runde. Im ersten Quartal 2018 stiegen die Preise für Mehrfamilienhäuser um 1,8 Prozent. In den letzten 52 Wochen betrug der Anstieg 6,2 Prozent, wie Zahlen des Beratungsunternehmens IAZI zeigen. Angetrieben werden die Preise für Renditeliegenschaften von den anhaltend niedrigen Hypothekenzinsen und dem Anlagenotstand im Tiefzinsumfeld.
Mit den tiefen Zinsen sind auch die Finanzierungskosten börsenkotierter Immobilienfirmen weiterhin historisch günstig. Investoren, die mittels Immobilien-Aktien auf den Beton-Boom setzen, orientieren sich deshalb gerne an der Zinsentwicklung.
Dass ein Zusammenhang zwischen Zinsen und Immobilien-Aktien besteht, haben die letzten Wochen erneut gezeigt: Mit den gesunkenen Renditen auf Schweizer Bundesobligationen ist der Immobilien-Index "SXI Real Estate All Shares" am letzten Freitag auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Seit Jahresbeginn steht der Index 2,5 Prozent im Plus, was deutlich mehr ist als der breite Markt (SPI: minus 3 Prozent).
Der "SXI Real Estate All Shares" seit Juli 2017 (Quelle: cash.ch)
Daneben sorgt auch der abgeschwächte Schweizer Franken für Unterstützung. Er macht Exporte günstiger und hilft somit der heimischen Konjunktur, was wiederum positiv ist für die Bauwirtschaft. Überdies haben die grossen Immobiliengesellschaften SPS, PSP, Allreal, Mobimo und Hiag jüngst mehrheitlich solide Resultate vorgelegt und teilweise die Dividende erhöht.
Die grosszügigen Ausschüttungen (siehe Tabelle weiter unten) waren in der Vergangenheit ein wichtiger Grund für die Attraktivität von Schweizer Immo-Titeln. Mit Renditen von bis zu 4,5 Prozent ist dieses Segment besonders aktionärsfreundlich.
Doch am Markt mehren sich die Stimmen, dass die Stimmung allmählich drehen könnte. Die Unternehmensberater von EY Schweiz schreiben in einer Immobilienstudie, Anleger sollten allmählich Gewinne realisieren und für "einen möglichen Sturm" bereit sein.
Vorsicht dominiert
"Die Immobilienbranche in der Schweiz befinden sich in einem fortgeschrittenen Zyklus", sagt Analyst Markus Kramer von Research Partners. Kramer betont vor allem die hohen Bewertungen.
Bei indirekten Immobilienanlagen wird auf den Unterschied zwischen Aktienkurs und innerem Wert der Aktie (Bewertung der Immobilien geteilt durch Anzahl Titel) fokussiert. Diese Prämie zum NAV (engl. Net Asset Value) lag Mitte Oktober zwischenzeitlich bei durchschnittlich 14 Prozent. Mittlerweile ist sie auf 20 Prozent gestiegen – ein historisch hoher Wert.
Auch Vontobel-Analyst Stefan Schürmann ist vorsichtig geworden: "Der Markt für Immobilien-Aktien ist derzeit geprägt von Unsicherheit bezüglich höherer Zinsen. Steigen die Zinsen an, ist dieses Segment besonders betroffen." Schürmann empfiehlt derzeit keine Schweizer Immobilien-Aktie zum Kauf.
Um dieses Zins-Risiko langfristig etwas zu mindern, wenden sich einige Firmen Geschäftsfeldern zu, die weniger zinssensitiv sind. SPS beispielsweise hat sich mit dem Immobilien-Dienstleister Wincasa und den Pflegezentren Tertianum ein zweites Standbein aufgebaut.
(Fast) leere Kaufzettel
Anleger, die jetzt noch bei indirekten Immobilienanlagen einsteigen wollen, sollten also selektiv vorgehen. Bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) wird beispielsweise die zweitgrösste kotierte Immobiliengesellschaft PSP empfohlen. Die Gesellschaft fokussiert auf Büro- und Verkaufsflächen und überzeugt die ZKB vor allem aufgrund der hohen Dividendenrendite (4 Prozent) und der relativ tiefen Prämie zum NAV.
Doch was passiert mit den Dividenden, wenn der Wind Immobilienmarkt tatsächlich zu drehen beginnt? Analyst Schürmann rechnet damit, dass die attraktiven Dividenden vieler Immobilienfirmen auch gesichert sind, wenn sich Umfeld eintrüben sollte. Bester Dividendenzahler ist derzeit Intershop, von der Kursperformance her gehört Hiag 2018 zu den erfolgreichen Immobilienaktien, wie die Tabelle unten zeigt. Neben einer höheren Dividende konnte Hiag unlängst vor allem mit der Verlängerung langfristiger Mietverträge überzeugen.
Markus Kramer von Research Partners empfiehlt als einzigen Titel Peach Property. Das Zürcher Unternehmen hatte an der Börse ein ausgezeichnetes 2017, ist jüngst aber etwas zurückgefallen und bezahlt keine Dividende. Was Anleger gerade hier beachten sollten: Nicht mit allen an der Schweizer Börse kotierten Immobilienaktien setzen sie auch auf den Schweizer Immobilienmarkt. Das Portfolio von Peach Property ist beispielsweise dominiert von Mietwohnungen in Deutschland, und Varia US Properties setzt auf günstigen Wohnraum in amerikanischen Agglomerationen.
Schweizer Immobilienaktien 2018
Titel | Performance 2018 | Perf. 52 Wochen | Dividendenrendite |
Hiag | +4,2 | +2,1 | 3,0 |
SPS | +2,0 | +7,7 | 4,1 |
Investis | +1,5 | +6,3 | 3,7 |
Warteck | +1,3 | +1,9 | 3,6 |
BFW Liegenschaften | +1,2 | -4,5 | 3,2 |
Peach Property | +0,9 | +39,8 | - |
Intershop | +0,9 | +2,4 | 4,5 |
Swiss Fin & Prop | +0,5 | -1,4 | 3,8 |
Varia | -0,3 | +3,3 | -* |
PSP | -1,0 | +4,0 | 3,7 |
Allreal | -1,2 | -5,1 | 3,5 |
Plazza | -1,3 | -3,0 | 1,8 |
Mobimo | -2,7 | -4,6 | 1,7 |
Züblin | -3,8 | +11,9 | - |
Zug Estates | -6,7 | -3,3 | 1,5 |
Quelle: cash.ch, alle Angaben in % (Stand 23.04.18) *Dividende für 2017 bereits im Dezember geleistet (2,10 CHF)