Die Experten kommen inzwischen nicht mehr damit nach, die etwaigen Folgen der jüngsten Varianten in konkrete Zahlen zu fassen. «Die Wahlkampfthemen entwickeln sich schneller als die Budgetmodelle», sagt Shai Akabas, Direktor für Wirtschaftspolitik des Bipartisan Policy Center am Dienstag. Klar wird allerdings: Den vorliegenden Analysen zufolge dürften die Versprechen des Republikaners Trump zu einer höheren Staatsverschuldung führen als die der Demokratin Harris.

Die Nachrichtenagentur Reuters nahm dabei die Analysen aus vier Quellen als Grundlage: Das Penn-Wharton Budget Model, das Committee for a Responsible Federal Budget (CRFB), die Tax Foundation und Oxford Economics. Die Vorschläge des Republikaners Trump würden demnach das US-Defizit über zehn Jahre um 3,6 bis 6,6 Billionen Dollar erhöhen. Bei der Demokratin Harris ist die Lage nicht so klar: Die Prognosen reichen von einem Abbau des Defizits um bis zu 400 Milliarden Dollar über ein Jahrzehnt bis zu einer Erhöhung um bis zu 1,4 Billionen Dollar.

Unterschiedliche Steuerpläne für Konzerne

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Trump und Harris liegt darin, wie sie mit dem Auslaufen der Steuersenkungen für die Bürger im kommenden Jahr umgehen wollen. Diese wurden während Trumps Präsidentschaft 2017 verabschiedet. Sollte der Kongress sie nicht verlängern, würden die Steuersätze auf die vorherigen, höheren Niveaus zurückschnellen. Trump will alle Steuersenkungen verlängern, einschliesslich derer, die den reichsten US-Bürgern zugutekommen. Harris will dagegen nur die beibehalten, die Amerikaner mit einem Jahresverdienst von unter 400.000 Dollar betreffen.

Daneben gibt es eine ganze Reihe von Einzelpunkten, bei denen sich die Kandidaten unterscheiden. Harris will zum Beispiel Unternehmen mit 28 Prozent besteuern statt gegenwärtig 21 Prozent. Trump will dagegen diese Steuer auf 15 Prozent senken. Zuletzt schränkte er diesen Vorschlag jedoch ein: Er solle nur für die Konzerne gelten, die ihre Produkte in den USA herstellten. Diese neue Variante ist in den vorliegenden Prognosen noch nicht berücksichtigt.

Unklar bleibt ohnehin, wie realistisch die jeweiligen Ideen sind, denn alle Reformen müssten vom Kongress abgesegnet werden. Auch dieser wird am 5. November gewählt, ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus. Es ist nicht abzusehen, welche Partei in welcher Kammer eine Mehrheit erhalten wird.

Da es in den USA keinen Fraktionszwang gibt, können zudem bei den häufig knappen Mehrheiten wenige Abweichler aus den eigenen Reihen die Pläne eines Präsidenten zunichtemachen. Die Vorschläge betreffen ohnehin nur die Bundessteuern: In den USA erheben die einzelnen Bundesstaaten und zum Teil die Kommunen ihre Steuern getrennt vom Bund.

(Reuters)