Weil viele chinesische Kunden zurzeit die Finger von Luxusgütern lassen, schrumpfte der Umsatz des weltgrössten Herstellers von teuren Zeitmessern im Halbjahr um 14,3 Prozent auf 3,5 Milliarden Franken, wie das Schweizer Unternehmen am Montag mitteilte. Gleichzeitig will Swatch-Chef Nick Hayek nicht gross auf die Kostenbremse treten und bei Personal und Produktion kaum kürzen. Angesichts der hohen Kosten bei sinkenden Einnahmen brach der Gewinn um 70,5 Prozent auf 147 Millionen Franken ein.

Damit schnitt der Hersteller der Uhren-Marken Omega und Glashütte deutlich schlechter ab als Analysten erwartet hatten. Die Aktie brach um über zehn Prozent ein. «Ein in jeder Hinsicht hässliches halbes Jahr für die Swatch Group», erklärte Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy.

Die Inhaberaktie von Swatch fällt am Montag an der Schweizer Börse bis 12 Prozent auf 166,86 Franken. Das ist der tiefste Stand seit März 2020, als die Börsen wegen Corona einbrachen. 

Swatch gilt als einer der Luxusgüterkonzerne mit dem grössten Engagement in der Region China. Chinas Wirtschaft wuchs im zweiten Quartal deutlich langsamer als erwartet. Dort bremsen die anhaltende Schwäche des Immobilienmarktes und die rekordhohe Jugendarbeitslosigkeit das Geschäft.

Auch andere Luxusgüterkonzerne wie Richemont, Kering und Ferragamo kamen an der Börse unter die Räder. Burberry sackten über 15 Prozent ab. Der für seine Karomuster und Trenchcoats bekannte britische Traditionskonzern gab eine Gewinnwarnung ab, strich die Dividende und wechselte den Konzernchef aus.

«Gefährliche Strategie»

Die massiv gesunkene Nachfrage nach Luxusgütern in China und den von chinesischen Touristen stark abhängigen südostasiatischen Märkten hätten beträchtliche negative Auswirkungen auf die Verkäufe und Resultate ausgeübt, erklärte Swatch. Der deutliche Bestellrückgang von Dritten wie auch von den Konzernmarken habe in der Produktion zu stark negativen operativen Resultaten geführt.

Stellenstreichungen seien jedoch kein Thema. Die Strategie, alle Produktionskapazitäten aufrechtzuerhalten und qualifiziertes Personal nicht zu entlassen, werde es Swatch wie in der Vergangenheit ermöglichen, sich schneller zu erholen und vom nächsten Aufschwung stärker zu profitieren.

Vontobel-Analyst Bertschy erklärte, seiner Meinung nach sei nicht das schwierige Umfeld in China der Hauptgrund für die Probleme von Swatch. Es sei eine gefährliche Strategie, weiterhin auf hohem Niveau zu produzieren, in der Hoffnung, dass sich das Umsatzwachstum erhole.

Swatch rechnet im zweiten Halbjahr mit einer stark verbesserten Situation. Der chinesische Markt dürfte zwar für die gesamte Branche bis zum Jahresende schwierig bleiben. Aber in Japan und den USA werde im zweiten Halbjahr starkes Wachstum erwartet. Auch die Aussichten in vielen europäischen Ländern seien erfolgsversprechend. 

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) schreibt in einem Kommentar, das Halbjahresergebnis falle «klar schwächer als erwartet aus». Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie liege nun mit 12,9 unter dem historischen Wert von 17,1 seit 2010. Der faire Wert der Aktie beträgt gemäss der ZKB 231 Franken.

«Es wird jedoch zumindest für 2024 zu signifikanten Gewinnrevisionen kommen», heisst es im Kommentar weiter. Die Bewertung reflektiere die enttäuschende Entwicklung der vergangenen zehn Jahre sowie die tiefe Kapitalrentabilität und die fehlende Investorenfreundlichkeit.

Im ZKB-Basisszenario wird sich die Swatch-Aktie zwischen 175 und 239 Franken bewegen. Im Negativszenario ist mit Kursen zwischen 131 und 179 Franken zu rechnen. 131 Franken: so tief stand die Aktie zuletzt im Herbst 2008 während der grossen Finanzkrise.

(Reuters/cash)