Der Güterzug war um 12:48 Uhr am 10. August 2023 auf der Fahrt von Chiasso nach Basel in der Weströhre des Gotthard-Basistunnels entgleist. Gemäss dem Zwischenbericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) war ein Radscheibenbruch für den Unfall verantwortlich.

Demnach brach ein Fragment der Radscheibe etwa zehn Kilometer nach Einfahrt in den Tunnel ab. Daraufhin lösten sich weitere Bruchstücke. 17 Kilometer vom Tunnelportal entfernt brach das letzte Fragment ab. Die Achse des Wagens schlug auf die Weiche des Spurwechsels Faido und zerstörte sie.

Die nachfolgenden 16 Güterwagen entgleisten. Den Zug riss es zwischen dem 13. und 14. Wagen auseinander und gewisse Wagen landeten auf dem ablenkenden Gleis.

Arbeiten bei über 40 Grad

Die Schäden an der Infrastruktur des Tunnels waren enorm. Die havarierten Wagen mussten via Südportal aus dem Tunnel geschafft werden. Für die Bergung wurde ein provisorisches Gleis erstellt. Mehrere Wagen waren so stark beschädigt, dass sie am Unfallort zerlegt werden mussten.

Laut SBB mussten in den folgenden Monaten sieben Kilometer an Schienen komplett erneuert werden. Zwei Schnellfahrweichen sowie mehr als 20'000 Schwellenblöcke und die Betonschicht, in die sie eingegossen sind, wurden ersetzt und insgesamt rund 6500 Tonnen Beton abtransportiert.

Die Arbeiten fanden unter logistisch und klimatisch «sehr anspruchsvollen Verhältnissen», bei Temperaturen über 40 Grad, statt. Auch das sieben Meter hohe, vier Meter breite und zehn Tonnen schwere Spurwechseltor musste erneuert werden. Allein die Produktion dieses Stahltors, das die beiden Tunnelröhren trennt, dauerte mehrere Monate.

Ein Zug an Wochentagen

Erst rund zwei Wochen nach dem Unfall konnte der erste Güterzug wieder durch den Basistunnel fahren, nach rund eineinhalb Monaten der erste Passagierzug. Die Beeinträchtigungen im Personenverkehr sollten über ein Jahr dauern.

Bis heute fährt an den Wochentagen nur ein Personenzug von Süden nach Norden durch den Gotthard-Basistunnel, an den Wochenenden sind es 38. Die restlichen der rund 60 Züge pro Tag werden in beide Richtungen über die Panoramastrecke umgeleitet, was die Fahrtzeit um rund eine Stunde verlängert.

Ab dem 2. September soll der Tunnel dann wieder vollständig in Betrieb genommen werden. Der Zeitplan sei weiterhin realistisch, sagte SBB-Sprecherin Sabrina Schellenberg gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Freitag.

Zurzeit werde ein Testbetrieb mit leeren Zügen und Diagnosefahrzeugen durchgeführt, um das Zusammenspiel der Anlagen zu prüfen. Danach folge der Probebetrieb, bei dem die Züge, welche gemäss Fahrplan von Süden nach Norden durch den Tunnel verkehren, wieder durch die Weströhre fahren.

150 Millionen Franken Schaden

Die SBB beziffern die Sachschadenssumme der Zugentgleisung, inklusive Ertragsausfällen, auf rund 150 Millionen Franken. Das Bahnunternehmen verfüge zwar über eine Versicherung für solche Ereignisse. Doch grundsätzlich hafte, wer den Lokführer stelle, sagte SBB-Chef Vincent Ducrot im November letzten Jahres.

Grund für den Radbruch dürften gemäss der Sust Ermüdungsrisse im Metall gewesen sein. Nach aktuellem Stand der Technik der heutigen in der Schweizer Eisenbahninfrastruktur genutzten Zugkontrolleinrichtungen seien solche Risse aber nicht zu entdecken. Für betriebliche Mängel als Unfallursache fand die Sust keine Hinweise.

(AWP)