In den letzten Wochen kletterte der Preis für eine Feinunze Gold von gut 1800 Dollar mal eben schnell auf etwas mehr als 2000 Dollar. Treibende Kräfte dahinter waren einerseits die Turbulenzen im Bankensektor, andererseits aber auch die Zinserwartungen der Anleger. Mittlerweile preisen die Anleihenmärkte nämlich bereits für die zweite Jahreshälfte wieder rückläufige Leitzinsen ein. Und wenn steigende Zinsen als Gift für die Edelmetalle gelten, dann sprächen rückläufige Zinsen ja eigentlich für einen höheren Goldpreis.
Aktuelle Preise erscheinen nicht gerechtfertigt
Davon will man bei der Bank Julius Bär allerdings partout nichts wissen. In einem Strategiepapier senkt der bankeigene Rohstoffexperte sein Anlageurteil fürs Gold stattdessen sogar von "Neutral" auf "Cautious". Der Autor begründet diesen Schritt damit, dass die Preise jüngst nicht nur zu schnell, sondern eben auch zu hoch gestiegen sind. Er sieht den Preis für eine Feinunze über die nächsten drei Monate auf 1850 Dollar zurückfallen. Seine 12-Monats-Prognose von 1725 Dollar lässt aus heutiger Sicht sogar zweistellige Verluste erahnen.
Der Julius-Bär-Experte geht davon aus, dass sich die Probleme im US-Bankensektor auf ein paar wenige Regionalbanken beschränken und deren Probleme firmenspezifischer Natur sind. Er glaubt deshalb nicht an ein Übergreifen auf die ganze Branche. Ähnlich verhält es sich seines Erachtens mit der Rettung der Credit Suisse durch die UBS. Bekanntlich habe die Grossbank in den vergangenen Jahren mit zahlreichen hausgemachten Problemen zu kämpfen gehabt. Genau aus diesem Grund hält man die Hoffnung auf einen geldpolitischen Kurswechsel bei der US-Notenbank für übertrieben. Dasselbe gilt eben auch für die Flucht der Anleger in US-Staatsanleihen sowie in die Edelmetalle.
Goldpreisentwicklung im Bann der Geldpolitik
Es ist nicht die erste negative Wortmeldung der Bank Julius Bär in Bezug auf die künftige Goldpreisentwicklung. Mitte Februar warnte schon der hauseigene Charttechniker beim Edelmetall vor etwaigen "Verleiderverkäufen", nachdem dessen Preis erstmals seit Mitte 2021 innerhalb von gerade einmal 48 Stunden um vier Prozent gefallen war (der cash Insider berichtete). Zu diesem Zeitpunkt kostete eine Feinunze Gold allerdings bloss um die 1860 Dollar.
Entscheidend für die künftige Goldpreisentwicklung dürfte die Geldpolitik bleiben. Zum einen wirft physisches Gold keine Erträge ab. Steigen die Zinsen, steigen aus Anlegersicht deshalb auch die Opportunitätskosten des Edelmetalls. Zum anderen wäre da noch die Wechselwirkung zwischen dem Dollar und dem Goldpreis. Steigt der Dollar, fällt der Goldpreis und umgekehrt. Höhere Zinsen machen den Dollar aus Anlegersicht attraktiver und sorgen so für gewöhnlich für einen stärkeren Dollar. Das wiederum wäre negativ für den Goldpreis.
2 Kommentare
Was für historische Erfahrungen legen nahe, dass die Grösse der Notenbankbilanz limitiert ist? -
"Peter Bernholz von der Universität Basel hat das Buch «Monetary Regimes and Inflation» verfasst, in dem er eine Reihe von historischen Hyperinflationen beschreibt. Tatsächlich wurzeln sie alle in der Theorie von Sargent und Wallace. Die Regierung hat hohe Schulden und ein grosses jährliches Haushaltsdefizit und muss Geld aufnehmen. Zunächst ist die Lage oft deflationär, wobei die Steuereinnahmen abnehmen und die Regierung die Ausgaben nicht genug senken kann. Wenn der Schuldenstand zu hoch ist, dann will niemand mehr der Regierung Geld leihen. Sie muss sich an die Notenbank wenden, die Geld druckt."
Wie endet solch eine Schuldenkrise? -
"Denken Sie an Lateinamerika, dort geschah das immer und immer wieder. An einem bestimmten Punkt erkennen die Leute das Offensichtliche: dass die Situation nicht mehr tragfähig ist. Dann nimmt die Inflation markant zu. Die Währung wertet sich heftig ab, die Nachfrage nach Geld bricht ein, und alle versuchen zu entkommen."
William White: «Notenbanken können nicht zurück»
Wir befinden uns auf völlig unbekanntem Territorium», sagt der ehemalige Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Wohin die unkonventionelle Geldpolitik führt, wisse niemand.
Philippe Béguelin
Publiziert: 30.12.2016, 09:30
Ich glaube, viele Anleger halten (physisches) Gold als strategische Anlage. Spekulanten bewegen jeweils nur die Spitze. Die Grundtendenz ist steigend, weil die Verwerfungen steigen und die globalen Unsicherheiten zunehmen.