Der Goldpreis kommt zurzeit nicht mehr an sein Allzeithoch von Ende Oktober heran. Aktuell beträgt das Minus gegenüber dem Hächststand 146 Dollar je Unze beziehungsweise rund fünf Prozent. Doch es könnte bald wieder aufwärts gehen, sogar in Richtung neuer Allzeithochs.

Einen ersten Hinweis darauf geben mit physischem Gold gedeckte Fonds. Nachdem sie während längerer Zeit Abflüsse gesehen hatten, verzeichnen sie seit Mai wieder Zuflüsse. Dennoch befinden sich ihre Bestände zurzeit zirka 20 Prozent unter den Hochs des Frühjahrs 2022.

Damals endete die Phase sehr tiefer Zinsen. Im laufenden Jahr hat nun die Zinswende nach unten eingesetzt, und fallen die Raten weiter, dürften Goldfonds den Preis des gelben Edelmetalls unterstützen.

Jérôme Mäser, Analyst der VP Bank, glaubt zudem, dass die derzeitige Preisschwäche des gelben Edelmetalls «eher eine Verschnaufpause ist als das Ende des Aufwärtstrends». Dieser Trend hat den Kurs von 1810 Dollar Anfang Oktober 2023 auf den Rekordstand von nahezu 2790 Dollar geführt.

Allein im laufenden Jahr ist eine Performance von 28 Prozent zusammengekommen. Ein so starkes Vorrücken hält Mäser im kommenden Jahr für eher unwahrscheinlich. Er kann sich aber vorstellen, dass die Rally in Richtung 3000 Dollar je Feinunze weitergeht - sofern die Nachfrage aufgrund sinkender Zinsen weiter wächst.

Handelspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump

Für höhere Goldnotierungen spricht laut dem VP-Bank-Spezialisten auch die Handelspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump, insbesondere die von ihm angekündigten Zölle. Wenn sie eingeführt werden, entsteht Preisdruck nach oben. «Die Wertbeständigkeit und der Schutz vor Inflation rechtfertigen unter anderem eine Goldposition im Portfoliokontext», so Mäser.

Zur Inflation stellen die Experten von Raiffeisen noch eine andere Überlegung an. Da die Wirtschaftspolitik Trumps inflationstreibend sein dürfte, werde die US-Notenbank Fed die Leitzinsen wohl nicht so weit senken können, wie es bisher vom Markt erwartet wurde. Erhöhte Zinsen belasten Gold, weil sie es gegenüber verzinslichen Anlagen unattraktiver machen.

Weiter für Gold sprechen die steigende Staatsverschuldung, anhaltende Konflikte von geopolitischem Ausmass, so insbesondere die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, aber auch Handelskonflikte. Hier greift der Status des Edelmetalls als sicherer Hafen. Alles in allem sieht Raiffeisen einen Goldkurs von 2800 Dollar je Unze im kommenden Jahr. Zudem sei es bei einer weiterhin hohen Nachfrage nur eine Frage der Zeit, bis auch die 3000-Dollar-Marke geknackt werde, sagt Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler auf Anfrage von cash.ch.

Zu einer ähnlichen Einschätzung ist die UBS im November einige Tage nach den US-Wahlen gekommen. Ihr Zwölf-Monate-Preisziel liegt bei 2900 Dollar je Unze. Die fundamentale Unterstützung für Gold bleibe intakt, lautet die Begründung. Unter anderem werde die Zentralbanknachfrage anhalten, namentlich wenn das US-Staatsdefizit weiter wachse und Zölle eingeführt würden.

Die Zentralbanken waren schon in der Vergangenheit eine wichtige Nachfragerin von Gold. Speziell ab 2022 haben sie in manchen Quartalen mehrere hundert Tonnen des gelben Edelmetalls gekauft - mitunter als Wertspeicher und um ihre Reserven zu diversifizieren.

Wird Bitcoin zum Verhältnis für Gold?

Der Goldpreis hat kurz vor den US-Wahlen ein Stück weit und danach weiter deutlich nachgegeben. Eine Erklärung für die gesunkenen Notierungen liegt im stärker gewordenen US-Dollar. Denn: Gold wird in Dollar gehandelt. Wenn er sich aufwertet, wird das Edelmetall für Nicht-Amerikaner teurer. Entsprechend sinkt die Nachfrage.

Zu einer erheblichen Belastung könnte eine Regierung unter republikanischer Flagge insbesondere werden, sollte sie eine strategische Bitcoin-Reserve schaffen. Pläne dazu gibt es - und zwar dahingehend, dass die amerikanische Notenbank Goldreserven veräussert. Die frei werdenden Mittel würden daraufhin in Bitcoin angelegt und somit dem Goldmarkt entzogen. Ob die Pläne einer Bitcoin-Reserve sinnvoll sind und tatsächlich wie gedacht umgesetzt werden, ist Stand heute eine offene Frage.

Reto Zanettin
Reto ZanettinReto Zanettin ist seit April 2024 Redaktor bei cash.ch. Zuvor war er während fünf Jahren Inlandredaktor bei den «Schaffhauser Nachrichten» sowie in der Kommunikationsbranche tätig. 2007 schloss er das Studium an der Universität St. Gallen (HSG) als Master of Arts ab.Mehr erfahren