Was die Spatzen am Hauptsitz von Novartis in Basel schon seit Monaten von den Dächern pfeifen, ist seit dem frühen Dienstagmorgen endlich Gewissheit: In einem strategischen Rundumschlag übernimmt der Gesundheitskonzern für bis zu 16 Milliarden Dollar die Onkologiesparte von GlaxoSmithKline.

Im Gegenzug geht ein Grossteil des Impfstoffgeschäfts für bis zu 7,1 Milliarden Dollar an die Briten. Das Geschäft mit nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten wird in ein Joint-Venture mit GlaxoSmithKline eingebracht. In einer separaten Transaktion trennt sich Novartis zudem vom Tiergesundheitsbereich. Dieser geht für 5,4 Milliarden Dollar in bar an Eli Lilly.

In Analystenkreisen kommen die Anpassungen im Firmenportfolio gut an. Allerdings wird GlaxoSmithKline als Gewinner der Transaktion gefeiert. Während die Aktie von Novartis an der Schweizer Börse SIX 1,9 Prozent auf 76,15 Franken gewinnt, haussiert jene der Briten zur Stunde um 4,1 Prozent auf 16,24 Pfund.

Preis des Onkologiegeschäfts von GlaxoSmithKline wirft Fragen auf

Einem Kommentar aus dem Aktienhandel von Morgan Stanley sind grundsätzlich positive Worte zu entnehmen. Eine Neuausrichtung des Firmenportfolios sei bei Novartis schon seit Anfang letzten Jahres ein zentrales Thema für die Firmenverantwortlichen gewesen. Der bekanntgegebene Vorstoss gehe über einen schlichten Verkauf des Tiergesundheits- und Impfstoffgeschäfts hinaus, was sehr zu begrüssen sei.

Eine gewisse Angriffsfläche biete einzig die Tatsache, dass die Basler viel für das Onkologiegeschäft von GlaxoSmithKline bezahlen würden und dieses vorwiegend kleine und keine grossen und umsatzstarken Medikamente beinhalte. Dennoch rechnen die Verfasser des Kommentars bei der Novartis-Aktie mit einer positiven Erstreaktion und höheren Kursnotierungen.

Auch die Berufskollegen der Credit Suisse bezeichnen den für das Onkologiegeschäft von GlaxoSmithKline bezahlten Preis als hoch. Dasselbe gelte im Gegenzug allerdings auch für den von den Briten bezahlten Preis für die Impfstoffaktivitäten von Novartis. Die fachkundigen Verfasser aus dem Handel der Grossbank rechnen bei den Aktien beider Unternehmen mit höheren Kursen. Darüber hinaus sei aufgrund wieder erwachter Übernahmefantasien von positiven Auswirkungen für die gesamte Pharmaindustrie auszugehen.

Der Analyst der Bank Vontobel begrüsst die Vereinfachung der Firmenstruktur bei Novartis zwar. Allerdings verspiele das Unternehmen dadurch den finanziellen Spielraum für zusätzliche Aktienrückkäufe. Er empfiehlt die Aktie deshalb weiterhin mit "Reduce" und einem Kursziel von 65 Franken zum Verkauf.

Bei Bank of America Merrill Lynch wird die Transaktion aus Sicht von Novartis grundsätzlich begrüsst. Anders als bei GlaxoSmithKline seien die Aussagen der Firmenverantwortlichen in Bezug auf die Auswirkungen auf die Gewinnentwicklung vorsichtig gehalten. Zwischen den Zeilen lässt sich herauslesen, dass die Amerikaner GlaxoSmithKline als Gewinner der Transaktion sehen.

Händlern zufolge macht die Bekanntgabe dieser Transaktionen einen ziemlich überstürzten Eindruck. Vermutlich seien die involvierten Unternehmen gezwungen gewesen, früher als geplant an die Öffentlichkeit zu gehen.