Anfang Jahr flattert der Depotauszug von der Bank in den Briefkasten oder steht im E-Banking zum Download bereit. Der Blick dürfte bei manchen Anlegerinnen und Anlegern nach einem enttäuschenden 2022 auch im abgelaufenen Börsenjahr 2023 eher mit Ernüchterung zur Kenntnis genommen worden sein. Die hohen Gesamtrenditen inklusive Dividende bei den Leitindizes Nasdaq 100 Index (+40,75 Prozent), S&P 500 Index (+14,47 Prozent), Euro Stoxx 50 Index (15,96 Prozent) oder des 30-köpfigen Swiss Leaders Index (+11,09 Prozent) dürften neidisch machen.

So naheliegend der Vergleich mit den Top-Indizes ist, sollten sich Anleger davon aber nicht ins Bockshorn jagen lassen. Für die Banken ist Gier und Neid ein gefundenes Fressen, damit sie höhere Gebühren generieren können. Hin und Her macht bekanntlich an der Börse die Taschen leer. Ebenso fatal ist, mit Verspätung auf einen Börsenzug zu springen, der bereits abgefahren und in vollem Schwung ist. Dieser Mechanismus wird auf englisch wie folgt beschrieben: «Buy high, sell low». 

Gefragt ist vielmehr eine ruhige, überlegte Hand und ein strukturierter, mittel- bis langfristiger Ansatz. Es gilt, realistische Erwartungen zu haben. Wer dabei eine annualisierte Rendite von 10 Prozent mit Schweizer Aktien anstrebt, zielt definitiv zu hoch - auch wenn der SLI annualisiert über die letzten 10 Jahre diese Marke übertreffen konnte. Eine Performance, die je nach Risikobereitschaft nahe an der Entwicklung der Schweizer Leitindizes SMI oder des breiter gefassten SPI liegt, kann aber jeder Kunde von seiner Bank als Zielgrösse einfordern.

Bei Aktienanlagen lohnt sich ein Blick auf die kostengünstigen ETFs, um die eigenen Renditeziele auch im Vergleich zu den internationalen Indizes zu definieren und mit dem Bankberater in Bezug auf die Depotausrichtung abzugleichen. Die Auswertung der bekanntesten ETFs auf die grossen Aktienindizes hat über das letzte Jahr respektive über fünf und zehn Jahre folgende Gesamtrendite inklusive reinvestierter Dividendenzahlungen abgeworfen (zum Fondsguide von cash.ch geht es hier): 

ETF Index 10Y Total Return 5Y Total Return 1Y Total Return
UBS ETF SLI Swiss Leaders Index (SLI)                        6.62%                    9.45%                11.09%
iShares ETF SMIM SMI Mid (SMIM)                        6.44%                    6.10%                  5.48%
UBS ETF SMI Swisss Market Index (SMI)                        5.93%                    8.85%                  6.75%
iShares ETF SPI Swiss Performance Index (SPI)                        5.95%                    8.15%                  5.94%
iShares ETF Swiss Dividend SPI Select Dividend 20                        7.63%                  11.03%                  9.59%
Invesco ETF Nasdaq 100  Nadaq 100 Index                      16.89%                 18.75%                40.75%
SPDR ETF S&P 500 SPY S&P 500 Index                      11.15%                  12.15%                14.47%
SPDR ETF Dow Jones Industrial DIA Dow Jones Industrial Average Index                      10.10%                    9.02%                  5.29%
iShares ETF Russell 2000 IWM Russell 2000 Index                        6.36%                    6.58%                  5.97%
xtrackers ETF DAX Deutscher Aktienindex (DAX)                        2.39%                    4.99%                11.63%
SPDR ETF Euro Stoxx 50 Euro Stoxx 50 Index                        3.55%                    7.76%                15.96%

Nicht die schwankungsanfällige Performance über ein Jahr ist dabei massgebend, sondern die Performance über fünf oder zehn Jahre. Damit können kurzfristige Verzerrungen ausgeschlossen werden.

Ebenso lässt sich dadurch deutlich besser messen, ob der Produktemix im eigenen Portfolio tatsächlich die anvisierte Renditeperformance erreicht. Insofern sollte ein ETF oder Fonds auch nicht nach zwei Jahren schon aus dem Depot gekickt werden, nur weil die kurzfristige Performance nicht überzeugt hat. Deutlich vielversprechender ist der Ansatz, diesen Zeithorizont auf fünf Jahre auszudehnen. Gerade der Schweizer Aktienmarkt mit seinen defensiven Titeln kann ein, zwei oder mehr Jahre eine Unterperformance aufweisen, um dann innerhalb eines Jahres alles wieder aufzuholen und zur langfristigen Durchschnittsentwicklung aufzuschliessen.  

Anleger sollten sich entsprechend auch nicht von Modethemen an der Börse zu Fehlinvestitionen verleiten lassen. Viele Anleger dürften in den letzten Jahren unter anderem ESG-Produkte ins Depot gelegt haben, die nicht mit einer speziellen Performance aufgefallen sind.

Dazu gibt es drei wichtige Punkte zu beachten. Stimmt die Performance über fünf Jahre nicht, sollten erstens Massnahmen ergriffen werden. Zweitens sind viele Schweizer Firmen ESG-konform unterwegs und ist es deshalb per se kein Argument, nicht an einem ETF-Portfolio mit Schweizer Aktien festzuhalten. Dies auch aus Kostengründen, weil ETFs eine deutliche bessere Gebührenstruktur aufweisen als zum Beispiel die bankeigenen Anlagefonds.  

Drittens ist es bei Spezialthemen sinnvoller, einen gut performenden Index hinzuziehen und sich dann zu fragen, welche Renditeerwartung und Risikobereitschaft besteht. Anlagen in ETFs für Spezialthemen zeigen, wie unterschiedlich die Performance ausfallen kann. Wer mit dem Invesco Solar ETF auf Erneuerbare Energien gesetzt hat, musste sich 2023 mit einem Minus von 40 Prozent abfinden. Wer auf der anderen Seite in Künstliche Intelligenz (KI) investiert hat, konnte sich über ein Plus von 28 Prozent beim WisdomTree Artificial Intelligence UCITS ETF freuen. Entsprechend gilt es, eine mittelfristig tragfähige Strategie zu definieren, welche einem nicht den Schlaf raubt.

Börse sorgt für stetiges Auf und Ab

Das Thema Technologie dürfte weiter für überdurchschnittliche Gewinne sorgen. Viele Börsenstrategen gehen davon aus, dass trotz der fulminanten Gewinne 2023 bei KI-Aktien weiteres Potenzial besteht. Wer hierbei nicht auf Einzelthemen setzen will, ist mit einem ETF auf den Nasdaq gut beraten - in der Vergangenheit hat sich ein Engagement trotz des starken Frankens gelohnt. Ein schrittweiser Einstieg ist dabei der sinnvollste Weg, um nicht alles Geld auf dem Höchststand zu investieren. Die Diva Börse wird auch 2024 garantiert für ein stetiges Auf und Ab sorgen.  

Auch für versierte Anleger ist es herausfordernd, der sogenannten psychologischen Gierspirale zu entkommen und das mittel- bis langfristige Renditeziel geduldig im Auge zu behalten. Deshalb schlagen mit dem langfristigen Ansatz Anlegerinnen und Anleger gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens entsteht ein vergleichbarer Plan zur Vermögenssteigerung und zweitens gibt der Investierende als Kunde der Bank respektive seinem Kundenberater vor, welche Erwartungen vorhanden ist. Nur so lässt sich die Qualität der Beratungsdienstleistung in der Vermögensverwaltung langfristig messen. 

Deshalb ist jeder Anlegerin oder jedem Anleger empfohlen, den kurzfristigen Vergleich mit den am besten performenden Indizes aussen vor zu lassen. Dies auch deshalb, weil neben einer realistischen Performance-Perspektive das wichtigste Ziel einer Anlagestrategie in erster Linie darin besteht, das Kapital inflationsbereinigt sicher zu erhalten.

Thomas Daniel Marti
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