"Es ist die Gretchenfrage, ob die künftigen Unternehmensgewinne vor dem Hintergrund der bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen weitere Zuwächse rechtfertigen", schreiben Analysten der Helaba. Die Hoffnung auf kleinere Zinsschritte der grössten Notenbanken hatten dem deutschen Leitindex Dax in der alten Woche zu einem Plus von rund drei Prozent im Vergleich zum Vorwochenschluss verholfen. Bestärkt wurden die Anleger in ihrer Einschätzung durch die Daten zur US-Inflation, die zum sechsten Mal in Folge stark zurückging. Mit rund 15'100 Punkten erreichte er den höchsten Stand seit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Der Swiss Market Index (SMI) stieg auf Wochensicht 1 Prozent an.

Sascha Rehbein, Portfoliomanager bei der Weberbank in Berlin, teilt nur begrenzt die Euphorie am europäischen Aktienmarkt. Das milde Winterwetter verringerte zwar die Nachfrage nach Gas als Brennstoff für Heizungen, eine langfristige wirtschaftliche Erholung nach den Lockerungen der strengen Corona-Politik in China sei auch nicht ausgeschlossen. "Aber die Frühindikatoren aus Europa spiegeln trotz einer leichten Erholung immer noch viel Pessimismus wider." Besonders besorgniserregend seien dabei die anhaltend hohen Energiepreise gepaart mit enttäuschenden Auftragseingängen.

Die Ölpreise dürften weiter anziehen, sagen die Commerzbank-Experten Carsten Fritsch und Barbara Lambrecht voraus. Denn die Nachfrage im weltweit zweitgrössten Absatzmarkt China dürfte sich beleben. "Immerhin erwartet ein hochrangiger Offizieller der chinesischen Regierung eine Verdopplung des Reiseaufkommens zu den Neujahrsfeierlichkeiten im Vergleich zum Vorjahr." Auch Kupfer dürfte sein hohes Niveau über 9000 Dollar verteidigen. Gold könne dagegen nach der Rally der letzten Tage eine Verschnaufpause einlegen.

Wirtschaftsdaten bleiben im Fokus

Bei den wichtigsten Konjunkturdaten eröffnen die für Dienstag geplanten endgültigen Daten zur deutschen Inflation im Dezember die neue Woche. Niedrigere Energiepreise und die staatliche Abschlagszahlung für Erdgas dämpften in einer ersten Schätzung den Preisauftrieb auf 8,6 Prozent, nachdem die Teuerungsrate im November noch bei 10,0 Prozent gelegen hatte und im Oktober mit 10,4 Prozent der höchste Stand seit 1951 erreicht worden war. Zudem veröffentlich das Mannheimer ZEW-Institut die Ergebnisse seiner Stimmungsumfrage. Von Reuters befragte Experten erwarten einen Anstieg des Barometers auf minus 15,0 Punkte von minus 23,3 Zählern im Dezember. Am selben Tag steht ebenfalls das chinesische Bruttoinlandsprodukt auf dem Terminkalender.

Am Mittwoch folgen die Preisdaten für den gesamten Euroraum und Grossbritannien. Zudem entscheidet die japanische Notenbank über den Leitzins. Sie hat ihren Kurs zur Überraschung der Finanzmärkte im Dezember neu justiert und einen stärkeren Anstieg der Zinsen für lang laufende Staatsanleihen zugelassen.

Auch die wichtigsten US-Daten stehen zur Wochenmitte auf der Agenda. Dann werden für den Dezember unter anderem die Einzelhandelsumsätze veröffentlicht. "In den USA hat der private Verbrauch im vierten Quartal 2022 deutlich zugelegt. Im Dezember hat der Einzelhandel zwar vermutlich deutlich weniger umgesetzt, doch dies lag in erster Linie an den niedrigeren Benzinpreisen", sagt Commerzbank-Stratege Christoph Balz. Aus dem Fed-Konjunkturbericht "Beige Book", der ebenfalls am Mittwoch ansteht, versuchen die Investoren Informationen zum künftigen Zinskurs der Notenbank herauszulesen.

Bilanzsaison nimmt Fahrt auf

Zum Wochenausklang legt das Statistische Bundesamt die Daten zu den Erzeugerpreisen im Dezember vor. Voraussichtlich werden sich damit die Signale für ein allmähliches Abebben des noch immer hohen Inflationsdrucks in Deutschland mehren. Von Reuters befragte Experten erwarten, dass die Erzeugerpreise zum Vorjahr um 20,7 Prozent gestiegen sind. Im November gab es noch einen Zuwachs von 28,2 Prozent und im Oktober von 34,5 Prozent.

Neben Konjunkturdaten nimmt die Bilanzsaison fahrt auf. Mit Goldman Sachs und Morgan Stanley am Dienstag öffenen weitere US-Grossbanken ihre Bücher. Für Donnerstag sind die Quartalsergebnisse der deutschen Softwarefirma Suse und des US-Streaming-Dienstleisters Netflix geplant. Zum Wochenausklang steht unter anderem der Finanzbericht des schwedischen Mobilfunk-Ausrüsters Ericsson im Terminkalender.

In der Schweiz gibt am Dienstag Lindt&Sprüngli den Umsatz zum vergangenen Jahr bekannt. Am Mittwoch folgen Richemont, Barry Callebaut und Tornos. Am Donnerstag öffnen GeberitBelimoZur Rose und Galenica ihre Bücher. Den Wochenabschluss machen AutoneumHBMHuber+Suhner, Hypi Lenzburg, SFS und Zehnder.

(Reuters/cash)

(Reuters)