Die fünfjährige Amtszeit von Notenbank-Gouverneur Pierre Wunsch war am Montag abgelaufen. Der zuständige Regentenrat der Belgischen Nationalbank diskutiere nun Optionen, vorübergehend an Wunsch festzuhalten, teilte ein Notenbank-Sprecher am Dienstag mit. Die Regierung hatte gesagt, sie würde Wunsch gerne eine weitere Amtszeit geben. Doch ein formeller Beschluss ist trotz des abgelaufenen Mandats noch nicht erfolgt.

Ministerpräsident Alexander De Croo und Finanzminister Vincent Van Peteghem hatten den Regentenrat gebeten, zu prüfen, ob Wunsch ausnahmsweise auf Basis des Kontinuitätsprinzips im öffentlichen Dienst kurzfristig weiter im Amt bleiben könne, bis ein Beschluss für seine Wiederernennung möglich sei. Die Regierung werde in Kürze ihre Beratungen dazu abschliessen.

Politische Streitigkeiten unter Belgiens führenden Parteien hatten in den vergangenen Monaten die Besetzung mehrerer Führungspositionen verhindert. Wunsch war Anfang 2019 auf den Chefsessel der belgischen Notenbank gerückt. Im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), der über die Zinsen in der 20-Länder-Gemeinschaft entscheidet, war er einer der ersten Währungshüter, die vor der Hartnäckigkeit der Inflation warnten, als andere noch von einem vorübergehenden Preisschub ausgegangen waren.

Die politische Hängepartie um die Wiederbesetzung einer wichtigen Notenbank-Position ist nicht nur ein belgisches Phänomen. Hierzulande startete die Bundesbank das neue Jahr mit einem auf die Hälfte geschrumpften dreiköpfigen Vorstand, weil die Politik sich noch nicht auf Neubesetzungen für drei Positionen im Führungsgremium verständigt hat. Dazu zählt auch die Nachbesetzung für Vize-Präsidentin Claudia Buch, die zum Jahresbeginn an die Spitze der EZB-Bankenaufsicht gewechselt war. Bei der Nachbesetzung einer der vakanten Positionen dauert die Hängepartie bereits ein ganzes Jahr. Nach dem Bundesbank-Gesetz besteht der Vorstand der deutschen Notenbank aus sechs Mitgliedern.

(Reuters)