Die Aktie von Nestlé fällt am Montag in einem deutlich positiven Gesamtmarkt bis 0,2 Prozent auf 87,42 Franken. Das ist der tiefste Stand seit dem 6. August. Zuletzt notieren die Titel mit einem Plus von 0,5 Prozent. Ende Juli hatte der Titel ein Mehrjahrestief von 85,70 Franken erreicht. 

Nach dem überraschenden CEO-Wechsel von Mark Schneider zu Nestlé-Urgestein Laurent Freixe, angekündigt am 22. August, war die Aktie von Nestlé kurzeitig deutlich zurückgefallen, stieg dann aber bis auf 91,50 Franken Anfang September an. Dieser zwischenzeitliche Höhenflug scheint nun beendet - und der Effekt des CEO-Wechsels verpufft.

Aktienkurs von Nestlé (Quelle: cash.ch)

Offensichtlich wendet sich der Markt wieder vermehrt den operativen Problemen von Nestlé zu. Laut Barclays ist der Marktanteil von Nestlé in den Lebensmittelgeschäften in Europa im Vergleich zum 2023 deutlich gesunken und hat auch in den USA stark gelitten. Mit der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen schraubte der Konzern die lange Zeit hoch gehaltenen Wachstumszahlen zurück - ein von vielen Investoren und Anaylsten überfälliger Schritt.

Zum andern ist es Nestlé offenbar noch nicht gelungen, den Markt zu überzeugen, wie Freixe den Dampfer wieder auf Kurs bringen soll. Freixe will das Unternehmen auf seine Kernmarken und -produkte konzentrieren und auf organisches Wachstum statt auf Übernahmen setzen. Für Erstaunen sorgte die Aussage von Nestlé-Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke, wonach Laurent Freixe mit seinen 62 Jahren noch "jung" und daher keine Übergangslösung sei. Einige Beobachter frotzelten auch, dass Nestlé nun mit Freixe und Bulcke eine operative Doppelspitze habe.

Offensichtlich ist, dass der Aktienkurs von Nestlé, der seit dem Höchststand von Anfang 2022 um etwa 30 Prozent gefallen ist, der Entlassungsgrund für Schneider war - obwohl Bulcke dies bestreitet. Ob es ein "guter Grund war, sich von einem CEO zu trennen, der noch vor zwei Jahren als bester CEO des Sektors gefeiert wurde?", fragte kürzlich Bernstein-Analyst Bruno Monteyne in einem Artikel bei Reuters. Immerhin konnte Schneider in den sieben Jahren vor 2023 die operative Marge von 16,5 Prozent auf 17,3 Prozent steigern, während Konkurrenten stagnierten.

Schneider konnte in seiner achtjährigen Amtszeit indes kein konstantes Umsatzwachstum herstellen. Der CEO-Wechsel ist laut Barclays-Analyst Warren Ackermann daher "dringend notwendig gewesen", wie er am Montag in einem Analysepapier schreibt. Seine Einschätzung zum Nestlé-Geschäftsverlauf ist trotzdem eher ernüchternd. Das schwache Konsumumfeld im ersten Halbjahr 2024 erschwere die Erholung, die Visibilität für den Geschäftsverlauf sei gering.

2025 wird laut dem Analysten ein Übergangsjahr für Nestlé, und eine wirkliche Erholung bis zum Jahr 2026 ist seiner Einschätzung nach unwahrscheinlich. Ackermann reduzierte am Montag daher sein Anlage-Rating für Nestlé auf "Equal Weight" von "Overweight", ebenso das Kursziel für die Aktie auf 92 von zuvor 95 Franken. Er bevorzugt weiterhin die Aktien der Nestlé-Konkurrenten Danone und Unilever

 

Daniel Hügli
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