Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat die Nationalbank den Leitzins um einen Viertelpunkt gesenkt. 1,25 Prozent beträgt der neue Richtzins am Frankengeldmarkt, an dem sich auch der Zins für Saron-Hypotheken orientiert.

Der Ende September abtretende SNB-Präsident Thomas Jordan begründete den Entscheid mit der günstigen Inflationserwartung. Auch die jüngste Entwicklung auf den Devisenmärkten habe dabei eine Rolle gespielt.

Gemeint ist damit in erster Linie das Verhältnis zwischen dem Euro und dem Franken, dem wichtigsten Wechselkurs für die Schweizer Wirtschaft.

Und da hat sich in den letzten Wochen und Monaten einiges zugetragen, wie die Grafik der Woche zeigt.

Nach der starken Frankenaufwertung um die Jahreswende und Euro-Kursen unter 93 Rappen erholte sich der Euro rasch auf 98 Rappen. Ende Mai war sogar die Parität in Griffnähe, doch dann drehte der Markt. Erst senkte die EZB die Zinsen, dann setzten die Europawahlen und die Auflösung des französischen Parlaments dem Euro zu. In wenigen Tagen stürzte der Euro-Franken-Kurs auf unter 0,95 ab.

Leichte Abwertung nach Zinssenkung

Diese neuerliche Frankenstärke gab der SNB ein weiteres Argument, um die Zinsen zu senken. Und prompt zeigte die Massnahme Wirkung: Nach Bekanntgabe des Zinsentscheids wertete sich der Franken leicht ab. Der Euro-Kurs sprang von 0,948 auf 0,956. Das ist nicht viel, aber der Trend scheint aufgehalten.

Hätte Jordan stillgehalten, wäre der Euro-Kurs wohl weiter nach unten gerasselt. Und dann hätte die SNB womöglich wieder Devisen kaufen müssen.

Aufwertung bedeutet eine monetäre Straffung

Was man dazu wissen muss: Eine Aufwertung des Frankens wirkt ähnlich wie eine Zinserhöhung auf die «monetären Rahmenbedingungen», wie es im SNB-Slang heisst.

Denn bei einer Aufwertung werden importierte Güter billiger, das dämpft die Inflation. Gleichzeitig wird dadurch die Exportwirtschaft gebremst, weil deren Produkte im Ausland teurer werden.

Umgekehrt wirkt ein schwächerer Franken ähnlich wie eine Zinssenkung. Aus diesem Grund stiess die SNB-Leitzinssenkung im März auf weniger Verständnis als die aktuelle. Denn damals war der Franken gerade in eine Schwächephase getreten.

Ob die SNB dieses Jahr im September oder Dezember nochmals die Zügel lockert, hängt ebenfalls vom Euro-Franken-Kurs ab. Je stärker der Franken, desto eher erträgt es tiefere Zinsen.

Gemäss den Zins-Futures-Märkten stehen die Chancen für einen weiteren Schritt auf 1 Prozent bis Ende Jahr im Moment bei fünfzig zu fünfzig.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Handelszeitung.ch unter dem Titel: "Beim Franken wirkt Jordans Medizin sofort".

rop
Peter Rohnerist Chefökonom der Handelszeitung.Mehr erfahren