Eine schwarz-rote Bundesregierung kann bei Umsetzung der in den Sondierungsgesprächen von Union und SPD vereinbarten Pläne im kommenden Jahr mit einem Wachstumsschub rechnen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) erhöhte seine aus dem Dezember stammende Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes 2026 von 0,9 auf 1,5 Prozent.
«Die Investitionen dürften ihre Talsohle durchschreiten und im Jahr 2026 nach vier Rückgängen in Folge wieder zulegen», erklärten die Kieler Forscher in ihren am Donnerstag veröffentlichten Frühjahrsprognosen. «Neben der weniger restriktiv wirkenden Geldpolitik tragen dazu auch die konjunkturelle Belebung und der Anstieg der öffentlichen Investitionen bei.»
Nach zwei Rezessionsjahren in Folge rechnet das IfW dagegen auch für 2025 nicht mit Wachstum. Die Wirtschaft dürfte lediglich stagnieren, bekräftigte das Institut seine Dezember-Vorhersage. «Die wirtschaftliche Dynamik wird zunächst schwach bleiben», hiess es. «Zeichen für eine spürbare konjunkturelle Belebung sind rar gesät.» Die deutsche Wirtschaft leide vor allem unter strukturellen Problemen, die kurzfristig kaum nachlassen dürften.
Sollte US-Präsident Donald Trump die Zölle auf deutsche Einfuhren erhöhen - wie für die Prognose unterstellt wird –, dürfte dies die Wirtschaftsleistung zusätzlich dämpfen. «Schon allein die Unsicherheit durch die erratische US-Handelspolitik dürfte belastend wirken», warnt das IfW. «Dabei hat die deutsche Exportwirtschaft in den vergangenen Jahren bereits merklich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüsst und Marktanteile verloren.»
Die Zahl der Erwerbstätigen soll im kommenden Jahr wieder etwas zulegen, während sich für dieses Jahr ein leichter Rückgang abzeichne. Der Spielraum für eine höhere Beschäftigung werde durch den demografischen Wandel jedoch geringer. Das Staatsdefizit soll 2026 deutlich auf 3,4 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt steigen, nachdem es im laufenden Jahr auf 2,3 Prozent zurückgehen soll (2024: 2,8 Prozent). Der Schuldenstand dürfte von 63,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2024 auf 65,5 Prozent im kommenden Jahr zunehmen. «Die Auswirkungen der in den Sondierungsgesprächen vereinbarten Finanzpläne auf den Schuldenstand werden erst in den Jahren danach zunehmend zum Tragen kommen», so das IfW.
Union und SPD haben sich unter anderem auf ein 500 Milliarden Euro grosses Sondervermögen für die Infrastruktur geeinigt. Der Bundestag will über die Pläne von Union und SPD am Donnerstag in erster Lesung beraten. Eine Entscheidung soll am 18. März fallen. Am 21. März soll dann der Bundesrat zustimmen. Nötig ist jeweils eine Zweidrittel-Mehrheit. AfD und Linke klagen dagegen, dass die Entscheidungen noch mit den Mehrheiten des alten Bundestags zustande kommen sollen.
(Reuters)