Erwartet wird, dass die Fed am Mittwoch nach ihrem zweitägigen Treffen verkünden wird, den Leitzins wie zuvor im November um einen viertel Prozentpunkt nach unten zu setzen. In der jüngsten Reuters-Umfrage sagten 93 von 103 Volkswirten einen solchen Schritt voraus. Der Leitzins würde damit auf eine Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent sinken.
Es wäre die dritte Zinssenkung in den USA in diesem Jahr. Die Dollar-Wächter um Notenbank-Chef Jerome Powell hatten im September die Kurswende eingeleitet und dann kurz nach der US-Präsidentschaftswahl im November mit einem zweiten Schritt nach unten nachgelegt.
«Eine Senkung der Leitzinsen durch die US-Notenbank ist so gut wie sicher», meint DZ-Bank-Analystin Birgit Henseler, die mit einem Schritt um 0,25 Prozentpunkte rechnet. Wichtiger als die Leitzinsentscheidung sei der Ausblick der Fed. «Von besonderem Interesse dürfte sein, inwieweit sich die Notenbanker über Ausmass und Tempo weiterer Zinssenkungen einig sind.»
Die US-Notenbank veröffentlicht regelmässig Zinsprognosen ihrer Führungsmitglieder in einem anonymisierten Punktdiagramm - im Fachjargon «Dot Plot» genannt. Zur Dezember-Sitzung werden neue überarbeitete Zinsprognosen erwartet.
Die jüngsten Daten zum Jobmarkt hatten gezeigt, dass sich der US-Arbeitsmarkt weiter abkühlt, aber relativ widerstandsfähig bleibt. Dies hatte Erwartungen am Finanzmarkt bestärkt, dass die Fed es sich leisten könne, die Zinssätze erneut zu senken. Im November kamen dem Bericht zufolge 227'000 neue Jobs ausserhalb der Landwirtschaft hinzu. Die Arbeitslosenquote stieg auf 4,2 Prozent nach 4,1 Prozent im Vormonat.
Der Arbeitsmarktbericht habe trotz solider Einkommens- und Stellenzuwächse mehr Schwachstellen gezeigt, meint Jonathan Millar, Volkswirt beim Bankhaus Barclays. «Wir bekräftigen unsere Vorhersage einer weiteren Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember», merkte er an.
Allerdings war die Inflation in den USA zuletzt hartnäckiger als erwartet. Dazu kamen neue Unsicherheiten angesichts der Politikpläne des designierten US-Präsidenten Donald Trump, dessen Zollvorhaben neue Handelskonflikte auslösen und den Welthandel dämpfen könnten. Trump will zudem die Einwanderung scharf kontrollieren und die Unternehmenssteuern senken, um das Wachstum anzukurbeln. Manche Massnahmen könnten die Inflation kräftig hochtreiben. Schärfere Einwanderungskontrollen beispielsweise könnten zu höheren Löhnen und Kosten im Landwirtschaftssektor, im Bausektor und im Gastgewerbe führen. Zölle wiederum schieben die Preise hoch.
Nur noch drei Fed-Zinssenkungen im 2025?
James Knightley, Volkswirt beim Bankhaus ING, rechnet daher damit, dass die Fed kommende Woche einen vorsichtigeren Kurs für nächstes Jahr andeuten wird. «Da die Inflation weiterhin hartnäckig bleibt und der designierte Präsident Trump eine Stärkung des US-Wachstums anstrebt, dürfte die Fed für 2025 ein vorsichtigeres Profil der geldpolitischen Lockerung signalisieren», glaubt der Experte. Er rechnet damit, dass die US-Notenbank für das nächste Jahr nur noch drei Zinssenkungen andeuten wird. Die jüngsten Zinsprojektionen vom September hatten noch vier Schritte nach unten ins Auge gefasst.
DZ-Bank-Analystin Henseler glaubt, dass Notenbank-Chef Powell auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss kaum verbindliche Hinweise auf den künftigen Zinspfad geben wird. Da die von Trump angekündigten Massnahmen noch nicht umgesetzt seien, könne die Fed aber insgesamt an ihrem Zinssenkungskurs festhalten.
«Hinsichtlich des Tempos der geldpolitischen Lockerung erwarten wir jedoch eine eher vorsichtige Wortwahl des obersten Währungshüters», ergänzte sie. Auch sie rechnet für 2025 mit drei Leitzinssenkungen der Fed.
(Reuters)