Es wird erwartet, dass die EZB die Leitzinsen erneut senkt. Es wäre die fünfte Zinssenkung im Euroraum seit Mitte 2024. Der Beschluss wird um 14.15 Uhr verkündet. Volkswirte rechnen damit, dass die Notenbank den richtungsweisenden Einlagenzinssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 2,75 Prozent verringern und bis zum Sommer weiter nach unten setzen wird.

Fed hat es nicht eilig mit Zinssenkungen

Die Fed hatte am Mittwoch ihren Leitzins hingegen weiterhin auf hohem Niveau in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent belassen. Es war die erste Sitzung der Notenbank der grössten Volkswirtschaft der Welt nach Donalds Trumps Wiedereinzug ins Weisse Haus. Der Weg zur Senkung der Inflationsrate sei «manchmal holprig», sagte Fed-Chef Jerome Powell. Das bedeute auch, dass man es nicht eilig haben müsse, den politischen Kurs zu ändern. Die Fed hatte zuvor dreimal in Folge den Leitzins gesenkt.

«Die Fed zieht die Handbremse», wertet Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, das Vorgehen der Federal Reserve. Elmar Völker, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, geht davon aus, dass die Fed die Tür für eine Zinssenkung auf der nächsten Fed-Sitzung Mitte März zwar nicht «gänzlich geschlossen» habe. «Hierfür bedürfte es allerdings merklicher neuer Fortschritte beim Zurückdrängen der Inflation, welche die Notenbanker jüngst offenbar nicht mehr auszumachen vermochten.» Die Unsicherheit bezüglich möglicher inflationstreibender Effekte durch Trumps Politik sei ein zusätzliches Argument dafür, geldpolitisch erst einmal für einige Zeit innezuhalten.

Trumps Politik schafft Unsicherheit

Trump, Verfechter einer Niedrigzinspolitik, ging direkt nach der Fed-Entscheidung in den Angriffsmodus über. Die US-Notenbank habe es nicht geschafft, «das Problem zu stoppen, das sie mit der Inflation geschaffen» habe. Er habe vor, die Inflation zu senken, indem er die «die amerikanische Energieproduktion entfessle, die Regulierung abbaue, den internationalen Handel wieder ins Gleichgewicht bringe und das amerikanische verarbeitende Gewerbe wieder ankurble», schrieb der Republikaner auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social.

Trump hatte sich in seiner ersten Amtszeit wiederholt mit der Fed angelegt und Powell heftig kritisiert. Der Fed-Chef vermied es in einer Pressekonferenz, auf den US-Präsidenten und dessen wirtschaftspolitische Pläne einzugehen. Trump plant zum Beispiel weitreichende Importzölle auf Produkte aus Kanada, Mexiko oder China. Fachleute gehen davon aus, dass dies die Inflation wieder anheizen könnte. Er wolle es unterlassen, auch nur indirekt auf die Auswirkungen von Zöllen einzugehen, betonte Powell. Es sei nicht seine Aufgabe, ein solches Vorhaben zu loben oder zu kritisieren.

Inflation erweist sich als hartnäckig

Wie in den USA zogen die Verbraucherpreise im Euroraum zuletzt wieder kräftiger an. Im Dezember stieg die Inflationsrate hier auf 2,4 Prozent - der höchste Stand seit Juli. Nach jüngster EZB-Prognose wird sich die Inflation im Euroraum im laufenden Jahr aber im Bereich der mittelfristig angepeilten Marke von 2,0 Prozent einpendeln. Für die USA rechnet die Fed hingegen laut Dezember-Prognose mit einer Teuerungsrate von durchschnittlich 2,5 Prozent.

Anders als in den USA schwächelt im Euroraum aber die Wirtschaft. Hohe Zinsen verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. In den USA erweist sich Wirtschaft trotz der Hochzinspolitik der Fed als erstaunlich robust. Deshalb kann es sich die US-Notenbank - anders als wohl die EZB - leisten, nun erst einmal abzuwarten.

(AWP)