Seit rund einem Jahr kennt der US-Leitzins nur eine Richtung: nach oben. Angesichts der Turbulenzen im US-Bankensektor nach der Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) könnte die US-Notenbank ihre Zinspolitik nun anpassen.
Händler schliessen für die Fed-Sitzung am 22. März eine Zinspause nicht mehr aus, auch wenn eine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte weiter möglich erscheint. Noch vor wenigen Tagen hatte Notenbankchef Jerome Powell das Signal ausgesendet, dass die Fed im Kampf gegen die ausufernde Inflation die Zügel womöglich stärker anziehen müsste. Hier einige Argumente, die gegen beziehungsweise für eine weitere Zinserhöhung sprechen:
Bankenprobleme dürften Erhöhungseifer der Notenbank dämpfen
Die Turbulenzen nach der SVB-Pleite setzen dem Bankensektor und auch den seit langem von Zinsängsten geplagten Börsen zu. "Ich glaube, die Leute bringen die Probleme der Silicon Valley Bank mit den Zinserhöhungen in Verbindung, die wir bereits hatten", sagte ING-Ökonom Rob Carnell und fügte an: "Wenn steigende Zinsen dies verursacht haben, wird die Fed dies in Zukunft berücksichtigen."
Bankenstress und die daraus resultierende Bereinigung der Kreditbücher bedeuteten höhere Kreditkosten, meint Akira Takei, Portfoliomanager bei Asset Management One in Tokio. Der daraus resultierende Druck in der Realwirtschaft erschwere weitere Erhöhungen: "Wenn Powell nächste Woche die Zinsen anhebt, wird er diese Situation verschärfen." Letztlich könne dies zu finanzieller Instabilität und Rezession führen.
Unsicherheit über Zinskurs wegen Turbulenzen nach Bankenpleite
Nach der "Zinsanhebungsorgie der Federal Reserve" sei es eigentlich nur eine Frage der Zeit gewesen, wann sich erste Auswirkungen in der Wirtschaft zeigen würden, so NordLB-Analyst Bernd Krampen. Doch der Blick sei lange Zeit vor allem auf Konjunkturdaten und die Preisentwicklung gerichtet gewesen: "In den vergangenen Tagen musste jedoch realisiert werden, dass es trotz eines weiterhin soliden Arbeitsmarktes und einer auch ansonsten ziemlich stabilen Konjunktur im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nun doch erste Betroffene der deutlich restriktiveren Geldpolitik der Federal Reserve Bank gibt."
Dabei habe es einige Häuser in der Finanzbranche getroffen. Zinsanhebungen zur Bekämpfung der Inflation dürften nun fraglicher werden, da die Ansteckungsgefahr im Finanzsektor derzeit nicht einfach abzuschätzen sei, sagte der Experte.
Inflation weiter entschlossen bekämpfen
Jan Viebig, Chief Investment Officer bei der Bank Oddo BHF, sieht Bedarf, dass die Notenbank als Inflationsbekämpferin schnell und entschlossen handelt: "Je länger die Notenbank zögert, die Zinsen auf das notwendige Niveau anzuheben, desto schmerzhafter wird die Landung für die Wirtschaft und desto härter werden die Folgen für den Arbeitsmarkt, die Konjunktur und die Einkommen der privaten Haushalte sein."
Fed hat sich als Inflationsbekämpferin positioniert
Die US-Teuerungsrate ist im Februar zwar auf 6,0 Prozent zurückgegangen, doch ist das Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent trotz der Serie an Zinserhöhungen in den USA noch immer nicht in Sichtweite. Notenbank-Chef Powell erwartet, dass es noch "ein langer und holpriger Weg" wird. Die Fed setzte den Leitzins zuletzt um einen Viertel-Prozentpunkt herauf - auf die Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Laut Powell ist die Fed bereit das Tempo anzuziehen, falls die "Gesamtheit der Daten" eine schnellere Straffung erfordere.
Auf Kreditprogramm trauen
Die Notenbank hat bereits mit einem neuen Kreditprogramm ihren Teil zur Stabilisierung des Finanzsystems beigetragen und damit der Gefahr eines "Bank Runs" entgegengewirkt. Sie will mit der neu geschaffenen Kreditlinie namens Bank Term Funding Program (BTFP) dafür sorgen, dass den Banken auch in Zeiten von Marktstress ausreichend Liquidität zur Verfügung gestellt wird.
Dies könnte Befürwortern einer strafferen Geldpolitik Argumente an die Hand geben, die Zinszügel im Kampf gegen die Inflation trotz der jüngsten Turbulenzen um SVB & Co. weiter anzuziehen. "Ob die Fed den jetzt eingezogenen zusätzlichen Sicherungen allerdings soweit vertraut, dass sie bereits nächste Woche die Zinsen anhebt, ist nicht sicher", so die Einschätzung der Commerzbank-Volkswirte Bernd Weidensteiner und Christoph Balz.
(Reuters)