Dieser Zusammenhang sei in einem empirischen Modell bestätigt worden, schrieben EZB-Ökonomen in einem Dienstag in Frankfurt von der Euro-Notenbank veröffentlichten Aufsatz. «Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich geldpolitische Schocks auf das Verarbeitende Gewerbe fast doppelt so stark und etwa zwei Quartale schneller als auf den Dienstleistungssektor auswirken», führten die Ökonomen aus. In ihrer Analyse bezogen sie sich auf Daten vom ersten Quartal 1999 bis zum zweiten Quartal 2023.

Der jüngste Straffungskurs der EZB begann den Volkswirten zufolge bereits im dritten Quartal 2022 seine Wirkung in der Wirtschaft zu entfalten. Zuvor hatten die Währungshüter Ende 2021 zum ersten Mal signalisiert, dass sie beabsichtigen, von ihrer jahrelangen ultralockeren Geldpolitik abzurücken. Die EZB hatte dann im Juli 2022 im Zuge der Kurswende im Kampf gegen die hohe Inflation erstmals die Zinsen angehoben. Bis September 2023 setzte sie die Schlüsselsätze in einer Serie von zehn Schritten in Folge um insgesamt 4,50 Prozentpunkte nach oben. Der am Finanzmarkt massgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, liegt inzwischen bei 4,00 Prozent.

Die negativen Auswirkungen des geldpolitischen Straffungskurses haben sich laut den EZB-Ökonomen im ersten Halbjahr 2023 verstärkt, wobei die Industrie schneller und deutlicher betroffen gewesen sei als Dienstleister. «Dem Modell zufolge dürften sich die geldpolitischen Effekte wahrscheinlich auch in der zweiten Jahreshälfte 2023 weiter verstärkt haben, da sie sich weiter in der Wirtschaft entfalteten», schreiben die Ökonomen. Und dies könnte teilweise auf die deutlich verzögerte Reaktion des Dienstleistungssektors zurückzuführen sein.

Aus Sicht der EZB-Volkswirte spürt die Industrie die Auswirkungen im Geschäftszyklus stets früher als die Dienstleister unter anderem wegen ihrer grösseren Abhängigkeit von ausländischer Nachfrage etwa durch den Handel. Auch die längeren Lieferketten und das höhere Betriebskapital, das für ihre Produktion benötigt werde, spiele eine Rolle. Daher reagiere die Industrie typischerweise stärker und schneller auf wirtschaftliche Schocks. Und zu solchen Schocks zählten auch Veränderungen bei den Zinsen.

(Reuters)