Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt die Zinsen im Kampf gegen die ausufernde Inflation nicht mehr ganz so stark an wie zuletzt. Die Währungshüter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag wie von Börsianern erwartet, den Leitzins um 0,50 Punkte auf nunmehr 2,50 Prozent anzuheben. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz wurde im selben Umfang auf 2,00 Prozent nach oben gesetzt. Dies ist bereits die vierte Zinserhöhung in Folge. Noch im September und im Oktober hatte die EZB die Zinsen in Riesenschritten um jeweils 0,75 Prozentpunkte erhöht.
Die Währungshüter signalisierten zudem ihre Bereitschaft zu weiteren Zinsanhebungen. "Die Leitzinsbeschlüsse des EZB-Rats werden auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung festgelegt", hiess es dazu ergänzend.
Zuletzt hatte sich die Inflation im Euro-Raum erstmals seit Mitte 2021 leicht abgeschwächt. Die Teuerungsrate sank im November auf 10,0 Prozent nach 10,6 Prozent im Oktober. Diese Daten hatten Hoffnungen genährt, die Inflation könnte langsam ihren Höhepunkt erreicht haben.
Die EZB stellte ausserdem in Aussicht, dass sie den Abbau ihrer durch die jahrelangen Anleihenkäufe angeschwollenen Notenbankbilanz ab Anfäng März in Angriff nehmen will. Diese ist inzwischen auf 8,5 Billionen Euro angewachsen. Allein der Bestand an Anleihen aus den beendeten beiden grossen Kaufprogrammen APP und PEPP lag zuletzt bei rund fünf Billionen Euro.
Der deutsche Bundesbank-Präsident und EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel hatte sich im Vorfeld der Zinssitzung dafür ausgesprochen, mit dem Bilanzabbau 2023 rasch zu beginnen und ablaufende Anleihen aus dem APP-Programm nicht mehr zu ersetzen. Bislang ersetzen die Währungshüter diese im Bestand noch vollständig.
Weitere Zinserhöhungen in Aussicht
EZB-Präsidentin Christine Lagarde unterstrich am Donnerstag nach der Zinssitzung in Frankfurt, dass die Leitzinsen wegen der hohen Inflation nicht nur einfach weiter steigen würden. Auch würden die Zinsen signifikant und in konstantem Tempo steigen. Auf der aktuellen Datengrundlage bedeute das, dass die Leitzinsen eine Zeit lang um 0,5 Prozentpunkte steigen müssten.
An den Finanzmärkten reagierten der Euro und die Kapitalmarktzinsen mit deutlichen Aufschlägen. Zumal Lagarde hervorhob, dass die Notenbank mehr tun müsse, als die Marktteilnehmer gegenwärtig erwarteten. An den Märkten wurde bis zuletzt damit gerechnet, dass die EZB im Laufe des kommenden Jahres ihren Straffungskurs abbricht, um die strauchelnde Wirtschaft nicht zu überfordern.
(Reuters/AWP/cash)
1 Kommentar
Die Zentralbanken werden ihre Zinsen noch auf 6-7% erhöhen. Davon sind wir noch sehr weit entfernt. Und was das für den Geldanleger bedeutet, haben wir u.a. eben heute gesehen als man die Zinsen um mickrige 0,5% erhöht hat. Der SMI wird sich in den nächsten zwei Jahre mehr als halbieren. Damit ist die Talfahrt aber noch immer nicht beendet.