Die EU-Kommission müsse künftig dem Prinzip folgen, bei jeder Regulierung zwei zurückzunehmen («one in, two out»), heisst es nach einem Treffen der Regierungs- und Parteichefs in der CDU-Zentrale am Samstag in Berlin. Die europäische Lieferkettenrichtlinie und die sogenannte Nachhaltigkeitsrichtlinie sollten für mindestens zwei Jahre komplett ausgesetzt werden, sagte CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Die Richtlinien müssten radikal vereinfacht und Berichtspflichten um mindestens 50 Prozent reduziert werden. FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) vor, in den vergangenen fünf Jahren für immer mehr Bürokratie gesorgt zu haben.

In dem Papier warnt die EVP davor, dass der Abstand zwischen den USA und der EU in der Wirtschaftsentwicklung immer grösser werde. Es müsse eine klare Fokussierung auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit geben. EVP-Chef Manfred Weber kündigte an, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dies auch in dem 100-Tage-Programm der Kommission umsetzen werde. Die zweitägigen Beratungen, an denen neben Weber und Merz mehrere konservative EU-Regierungschefs, von der Leyen und die Präsidentin der Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, teilnahmen, sollen dazu führen, dass die Konservativen in EU-Rat, -Parlament und -Mitgliedstaaten geschlossen auftreten.

Verbrenner-Verbot soll gekippt werden

Zu dem EVP-Forderungskatalog gehört die Technologieoffenheit im Mobilitäts- und Energiesektor. Weber hatte bereits am Freitag angekündigt, dass die EVP das Verbrenner-Aus für Autos bis 2035 kippen wolle. Er forderte Sozialdemokraten und Grüne auf, den Kurs zu einer wirtschaftsfreundlicheren Politik und einem Bürokratieabbau zu unterstützen. Auch die rechtskonservative ECR-Parteienfamilie, zu der etwa die Partei von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gehört, sei bei den einzelnen Reformen ein Partner.

Weber betonte, dass es bei den Klimaschutzzielen bleiben solle, aber diese sollten durch marktwirtschaftliche Instrumente erreicht werden. Die EVP stellt sich etwa hinter das EU-Emissionshandelssystem, das den CO2-Ausstoss schrittweise verteuert. Es müsse aber ein grösserer Teil der Einnahmen für energieintensive Industrien zur Verfügung gestellt werden, heisst es in dem Papier. Bei Autokonzernen müsse durch «Entlastungsmassnahmen» erreicht werden, dass mögliche Geldbussen für das Nichterreichen von Emissionszielen 2025 kompensiert werden. Abgelehnt wird auch eine gesonderte Renovierungspflicht für Hausbesitzer. Merz forderte zudem eine Reform der europäischen Fusionskontrolle. «Wir müssen europäische Champions erlauben», sagte er und kritisierte, dass die EU-Kommission etwa die Fusion der Konzerne Siemens und Alstom im Bahnsektor sowie die Übernahme der Börse London Stock Exchange durch die Deutsche Börse untersagt habe. Beide Entscheidungen mögen juristisch richtig sein, politisch seien sie falsch, betonte Merz. Deshalb sei eine Reform nötig. Er sei nicht generell dagegen, in strategischen Sektoren Industrieansiedlungen in Deutschland zu unterstützen. Aber die Bundesregierung habe bei den gescheiterten Investitionen des US-Halbleiterkonzerns Intel und des schwedischen Batterie-Herstellers Northvolt Fehler gemacht. «Ich würde uns raten, das in Zukunft besser zu prüfen, bevor man eine solche Entscheidung trifft», sagte Merz.

Die FDP fordert eine radikale Entbürokratisierung

«Die CDU scheint das einzusehen, muss nun aber beweisen, dass aus Gipfeltreffen auch reale Politik werden kann», sagte Fraktionschef Dürr. Die FDP fordert in einem 13-Punkte-Papier die Abschaffung der Hälfte aller Berichtspflichten bis 2029 und unterstützt ebenfalls das Prinzip «One in, two out». Unter anderem soll auch das Diskontinuitätsprinzip auf EU-Ebene eingeführt werden. Das bedeutet, dass begonnene Gesetzesvorhaben, die bis zum Abschluss der Legislaturperiode nicht umgesetzt wurden, nicht auf der Agenda der nächsten Kommission landen.

(Reuters)