Bei der aktuellen Aufrüstung seien schnellere Produktzyklen, umfassendere Experimente und bessere technologische Fähigkeiten gefragt, sagt Herbert Mangesius, Gründungspartner des Wagniskapitalfonds Vsquared. «Die Planung in einem Ministerium ist so langsam, und die Wagniskapital-Welt ist eine mögliche Antwort auf dieses Problem.» Vsquared ist einer der Partner des umgerechnet rund einer Milliarde Euro schweren Nato Innovation Fund (NIF), der in vielversprechende Jungfirmen aus dem Verteidigungssektor investiert. Am NIF sind 24 der 32 Nato-Staaten beteiligt. Die USA und Kanada gehören bislang nicht dazu. «Mein Ziel ist es, dass sich dem Fonds irgendwann sämtliche Nato-Staaten anschliessen», sagt NIF-Chef Andrea Traversone in einem Reuters-Interview.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump will im Falle seines Sieges bei der anstehenden Wahl in den USA «Zweck und Mission der Nato» grundlegend überdenken. Ausserdem droht er damit, Verbündete bei einem Angriff nicht zu beschützen, wenn deren Verteidigungsausgaben nicht eine gewisse Schwelle überschreiten. Der jüngste Auftrag des Bundes an den deutschen Drohnen-Hersteller Quantum-Systems sei eine direkte Reaktion auf Trumps Äusserungen, betont Vsquared-Manager Mangesius. Europa müsse verteidigungstechnisch auf eigenen Beinen stehen. «Man kann seine eigene Sicherheit nicht an ein anderes Land auslagern.»

Rüstungsausgaben steigen weltweit

Dem Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge stiegen die europäischen Rüstungsausgaben 2023 um 16 Prozent auf 552 Milliarden Euro. Weltweit erreichten sie ein Rekordhoch von umgerechnet 2,15 Billionen Euro. Der eigentliche Auslöser hierfür ist zwar der Einmarsch Russlands in die Ukraine Anfang 2022. Aber eine mögliche zweite Trump-Präsidentschaft brächte weitere Veränderungen für die Militärindustrie beiderseits des Atlantiks mit sich, betont Ricardo Mendes, Chef des portugiesischen Drohnen-Anbieters Tekever, der unter anderem EU-Staaten, Grossbritannien und die Ukraine beliefert. «Es laufen Gespräche über die Überarbeitung der Beschaffungsverfahren, wobei der Schwerpunkt auf mehr Flexibilität und auf Agilität gelegt wird, was kleinere und mittlere Technologieunternehmen begünstigen würde.»

Aus diesem Grund kamen solche Firmen beim jüngsten Abschwung der Startup-Finanzierungen vergleichsweise glimpflich davon. Während Investitionen in aufstrebende europäische Jungfirmen wegen steigender Zinsen und trüber Konjunkturaussichten 2023 insgesamt fast um die Hälfte einbrachen, fiel das Minus im Verteidigungssektor mit 21 Prozent weniger als halb so hoch aus, rechnet der Branchendienst PitchBook vor.

Nach Einschätzung von Bulent Altan, Gründungspartner des Wagniskapitalgebers Alpine Space Ventures, haben Investitionen in Militär-Startups neben einer verbesserten Verteidigungsfähigkeit noch einen weiteren Effekt: Sie stärkten die eigene Position gegenüber den USA. «Wenn es in dieser Partnerschaft zu Problemen kommen sollte, steht man nicht mit leeren Händen da.»

(Reuters)