«Ich sehe DeepSeek als eine enorme Chance für Unternehmen wie unseres», sagt Ulrik R-T, Chef des dänischen Unternehmens Empatik AI am Rande der GoWest-Anlegerkonferenz in Göteborg. «Es hat gezeigt, dass wir keine riesigen Budgets brauchen, um unsere Vision zu verwirklichen.» Dem Datenanbieter PitchBook zufolge haben Investoren KI-Firmen aus den USA im vergangenen Jahr siebenmal so viel Kapital zur Verfügung gestellt wie europäischen Konkurrenten.

Das chinesische Startup «DeepSeek» hat seine KI nach eigenen Angaben für wenige Millionen anstatt der sonst üblichen mehr als 100 Millionen Dollar entwickelt. Ausserdem benötigt die Software für Training und Betrieb deutlich weniger Rechenpower und liefert dennoch Ergebnisse, die sich mit denen von ChatGPT & Co messen können. Bislang galt in der Branche dagegen die Devise: Je grösser die Datenbasis und je schneller die Rechner, desto besser die KI.

«Das ist ein Weckruf, dass viel nicht immer viel hilft», sagt Fabrizio Del Maffeo, Chef der Softwarefirma Axelera AI. Der günstigere Zugang zu dieser Technologie könne einen Innovationsschub auslösen und zu einem Katalysator für die gesamte Branche werden.

Preiskampf hat schon begonnen

«Während die Zukunft von DeepSeek als Unternehmen schwer vorherzusagen ist, scheinen die strukturellen Auswirkungen ziemlich weitreichend zu sein», stellt Sanjot Malhi, Partner bei der Risikokapitalfirma Northzone fest. Die Karten würden in der Branche neu gemischt.

Als einer der ersten westlichen Kunden wechselte das deutsche Startup Novo AI vor einigen Wochen zu «DeepSeek». «Wenn man seine Anwendung mit Hilfe von OpenAI entwickelt hat, kann man einfach zu einer der anderen KI wechseln», erläutert Firmenchef Hermanth Mandapati. «Wir haben nur ein paar Minuten für den Wechsel gebraucht.» Seine Hauptmotivation sei der Preis. «Ich spare eine Menge Geld und die Nutzer sehen keinen Unterschied.»

OpenAI verlangt 2,50 Dollar je eine Million Token, wie die kleinste Einheit verarbeiteter Daten genannt wird. Bei DeepSeek zahlen Kunden derzeit lediglich 0,014 Dollar. Doch die Rivalen reagieren, der Preiskampf hat schon begonnen: OpenAI-Partner Microsoft stellt das neueste KI-Modell «o1» seinen Nutzern kostenlos zur Verfügung, statt die bislang übliche Monatsgebühr von 20 Dollar zu kassieren.

Der Preis ist nicht alles

DeepSeek ist aber nicht unumstritten. Italien blockiert wegen Datenschutz-Bedenken den Zugang zu dem Programm. In den Niederlanden mahnen Experten zur Vorsicht, insbesondere bei der Eingabe persönlicher Daten. Ausserdem ist unklar, ob die chinesische KI Antworten zensiert, die die Volksrepublik in ein schlechtes Licht rücken. Darüber hinaus verdächtigen die USA das chinesische Startup, für das Training seiner KI den Rivalen ChatGPT von OpenAI angezapft zu haben.

Grössere Unternehmen sind daher beim Einsatz des neuen Mitspielers vorsichtig. «Die Kosten sind nur ein Faktor», betont Alexandru Voica, Manager beim KI-Entwickler Synthesia. Entscheidend seien auch etwa die Datensicherheit oder ein Software-Ökosystem, das es Firmen erleichtere, die KI in ihre Systeme zu integrieren.

Christian Klein, der Chef des deutschen Softwarehauses SAP, hatte sich bei der Vorstellung der jüngsten Quartalsergebnisse positiv über die Leistungsfähigkeit von «DeepSeek», aber zurückhaltend über ihren weltweiten Einsatz geäussert. Ausserhalb der Volksrepublik sei die Nachfrage nach chinesischer KI durch SAP-Firmenkunden eher gering.

(Reuters)