Die Gemeinschaftswährung sackte am Vormittag vorübergehend bis auf 0,9404 Franken ab. Weniger kostete ein Euro letztmals im Januar 2015, nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) den von ihr jahreslang verteidigten Mindestkurs von 1,20 Franken aufgegeben hatte. Zuletzt notierte der Euro erholt bei 0,9440 Franken.
Befeuert wurden die Euro-Verkäufe durch «dovishe» Kommentare von EZB-Vertretern, die zurückgehende Teuerung im Euroraum und schwachen Wirtschaftsdaten. Investoren setzen vor diesem Hintergrund auf eine baldige Zinssenkungen der EZB. «Vielleicht beginnen die Marktteilnehmer, aggressivere Zinssenkungen der EZB im nächsten Jahr einzupreisen», sagte Stefan Gerlach, Chefvolkswirt der EFG Bank in Zürich.
«Derzeit beträgt der Unterschied zwischen den kurzfristigen Zinssätzen in der Euro-Zone und in der Schweiz etwa 225 Basispunkte, aber die Märkte erwarten, dass dieser Unterschied in den kommenden zwölf Monaten auf etwa 150 Basispunkte schrumpfen wird», sagte UBS-Ökonom UBS Alessandro Bee. «Das macht den Euro gegenüber dem Schweizer Franken weniger attraktiv.»
Der Anstieg des Frankens könnte die SNB dazu veranlassen, erneut Interventionen an den Devisenmärkten zu erwägen, um einer übermässigen Aufwertung der Landeswährung entgegenzusteuern. Das hält EFG-Ökonom Gerlach jedoch für unwahrscheinlich. «Das würde eine Aufstockung der Devisenreserven bedeuten und die Bilanz weiter aufblähen», sagte er. «Ich denke, das wird man vermeiden wollen.» Zudem setzen die Währungshüter seit einiger Zeit auf die inflationsdämpfende Wirkung eines starken Franken.
Die SNB lehnte eine Stellungnahme ab. Die Notenbank hat für Donnerstag kommender Wochen ihre letzte geldpolitische Lagebeurteilung in diesem Jahr angesetzt. Gerlach erwartet, dass der Leitzins unverändert bei 1,75 Prozent belassen wird. Bei der letzten Zinsentscheidung im September hatte die SNB nach fünf Zinserhöhungen in Folge überraschend von einer weiteren geldpolitischen Straffung abgesehen. Allerdings hatten Notenbankvertreter seither wiederholt betont, dass weitere Zinsschritte nötig sein könnten, um die Preisstabilität nachhaltig zu sichern.
(Reuters)