Sollte ein Zoll von 20 Prozent erhoben werden, breche die Menge der aus der Volksrepublik eingeführten E-Autos um 25 Prozent ein, heisst es in der am Freitag veröffentlichten Untersuchung des Kieler Wirtschaftsforschungsinstitutes IfW. Umgerechnet auf die fast 500.000 Fahrzeuge, die im vergangenen Jahr in die EU importiert wurden, entspreche dies etwa 125.000 Stück im Wert von fast vier Milliarden Dollar. Der Rückgang würde in grossen Teilen durch eine steigende Produktion innerhalb der EU sowie eine geringere Menge an E-Auto-Exporten aufgefangen. Das würde spürbar höhere Preise für Endverbraucher bedeuten.

«Angesichts der chinesischen Subventionspraxis ist es richtig, dass sich die EU-Kommission Strafzölle als Antwort darauf vorbehält», sagte IfW-Präsident Moritz Schularick. «Wichtig ist dabei, dass die Autorität der Kommission nicht von einzelnen Mitgliedsländern aufgrund von Partikularinteressen untergraben wird, denn eine gespaltene EU ist eine schwache EU.» Bundeskanzler Olaf Scholz steht EU-Zöllen bislang ablehnend gegenüber.

Den Berechnungen zufolge dürften fast im gleichen Ausmass als Folge die Verkäufe von heimisch produzierten E-Autos im EU-Binnenmarkt steigen - und zwar um 3,3 Milliarden Dollar. Nur ein Teil des Zuwachses würde durch eine gestiegene Produktion innerhalb der EU gedeckt. Fahrzeuge im Wert von rund einer Milliarde Dollar dürften vom Export in den heimischen Verkauf umgeleitet werden. Eine Gegenreaktion Chinas ist in den Berechnungen nicht enthalten, sei aber zu erwarten.

«Für die Verbraucher dürfte dies im Ergebnis höhere Preise für Elektroautos bedeuten, weil die Produktion innerhalb der EU deutlich teurer ist als in China, aufgrund von höheren Energie- und Materialpreisen und vor allem deutlich höherer Lohnkosten», sagte IfW-Handelsforscher Julian Hinz. «Dass europäische Autohersteller die Lücke füllen, ist dagegen keinesfalls ausgemacht, auch könnten chinesische Hersteller wie BYD mit neuen Werken in Europa die Nachfrage vor Ort bedienen.»

Führt China weniger E-Autos aus, sinkt der Studie zufolge auch die Nachfrage nach Vorleistungen für die Produktion aus der EU. Exporte nach China im Bereich «Autos und Autoteile» dürften in Folge der Zölle um 0,6 Prozent oder 237 Millionen Dollar nachgeben. Insgesamt würden EU-Exporte nach China um mehr als 600 Millionen Dollar zurückgehen, auch ohne dass Peking seinerseits mit eigenen Zollmassnahmen gegen die EU reagiert hätte.

Die EU-Kommission entscheidet voraussichtlich im Juni, ob sie Anti-Dumping-Zölle auf chinesische E-Autos verhängt und damit den USA folgt. Dort sollen die Strafzölle ab August auf 100 Prozent steigen. Im Raum steht der Vorwurf, dass China seinen Herstellern durch hohe Subventionen einen Wettbewerbsvorteil verschafft.

(Reuters)