Was würden Investoren nicht alles für eine Zeitmaschine geben. 2015 wären Nvidia-Aktien noch für 5 Franken zu haben gewesen, heute kosten sie fast das Hundertfache davon. Doch selbst ohne Zeitmaschine lässt sich mit den Papieren des Chipherstellers auch heute noch Geld verdienen - dieser Meinung ist zumindest Hans Mosesmann, Halbleiteranalyst beim Broker Rosenblatt Securities. Er erhöhte das Kursziel von Nvidia auf 1100 Dollar. Das entspricht einem Aufwärtspotenzial von 123 Prozent.

Der etwas verlangsamte Anstieg von Nvidia im August hat auch viele andere Wall-Street-Analysten nicht davon abgehalten, ihre Kursziele zu erhöhen. Doch niemand sieht den Chipspezialisten so hoch fliegen wie Mosesmann. Sollte er recht behalten, würde Nvidia einen Marktwert von mehr als 2,7 Billionen Dollar erreichen und mit Apple (2,9 Billionen Dollar) um den Titel des wertvollsten Unternehmens der Welt konkurrieren.

«Nvidias Umsatz und Gewinn in den ersten zwei Quartalen 2023 sind einfach beispiellos. Und das ist erst der Anfang», schreibt Mosesmann. Vor den Halbjahreszahlen lag sein Kursziel noch bei 800 Dollar. Der Analyst erwartet, dass Nvidia das Volumen-Wachstum bis Ende 2024 fortsetzen wird. Nicht weniger hat Nvidia-CEO Jen-Hsung Huang bei der Präsentation der Zahlen angekündigt. Damit könnte das Unternehmen die Angebotslücke verkleinern, denn nach wie vor treibe der Megatrend Künstliche Intelligenz (KI) die Nachfrage nach Computerchips in die Höhe, sagt Mosesmann.

Letzter Analyst gibt Sell-Rating auf  

Bis 2026 soll der bereinigte Gewinn je Aktie laut Mosesmann bei bis zu 20 Dollar liegen. Der Durchschnitt der von Bloomberg berücksichtigten Analysten geht bis im Jahr 2025 von einem Gewinn von etwa 10 bis 16 Dollar pro Aktie aus. In den letzten Wochen hat auch der letzte Analyst an der Wall Street sein «Verkaufs»-Rating für Nvidia aufgegeben. Bei Bloomberg stehen nun 58 «Kauf»-Ratings vier «Holds» gegenüber. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten ist nach dem hervorragenden Ergebnisbericht des Chipherstellers in der vergangenen Woche auf 644 Dollar gestiegen und liegt nun so weit vom Aktienkurs entfernt wie seit Januar nicht mehr.

Das impliziert ein Aufwärtspotenzial von 32 Prozent. CEO Huang erwartet, dass dass der grösste Teil des 1-Billionen-Dollar-Marktes für Rechenzentren auf beschleunigtes Computing für generative KI-Modelle umgestellt wird, was Aufgaben schneller bewältigt, weil sie in kleinere Teile zerlegt und parallel bearbeitet werden. Laut Mosesmann sind die übrigen Geschäftsbereiche von Nvidia - einschliesslich Chips für Automobile, Netzwerke und PCs - «bloss Beilage».

»Es macht keinen Sinn, jetzt Nvidia zu kaufen»

Trotz der grossmundigen Umsatzprognose blieb die Euphorie nach der Bekanntgabe aus. Die Nvidia-Aktie geriet in den folgenden zwei Tagen ins Wanken. Nicht jeder scheint "bullish". Denn die Aktie wird immer noch mit einem Bewertungs-Aufschlag von 50 Prozent gegenüber dem Nasdaq 100 gehandelt. «Das ist viel zu hoch», sagt David Trainer, CEO des Forschungsunternehmens New Constructs. «Es macht absolut keinen Sinn, Nvidia-Aktien bei der aktuellen Bewertung zu kaufen.» Auch wenn er Nvidias Geschäft und dessen Management sehr schätze.

Andere sehen Parallelen zum Boom sowie der anschliessenden Pleite von Cisco und anderen Herstellern von Kommunikationsgeräten in den 1990er Jahren. «Im Moment gibt es eine wilde, globale Hamsterblase für GPUs», sagt Brad Slingerland, Co-Gründer von NZS Capital (GPU steht für Graphics Processing Unit oder Grafikprozessoren, Anm. der Red.). Ähnlich klang es allerdings Anfang Jahr, als Chipaktien sanken und einige das Ende des Booms prophezeiten.

(Bloomberg/cash)