Ein Schlachtruf des US-Präsidentschaftskandidaten ist zur Freude der Ölindustrie «bohren, Baby, bohren». Trotzdem gehört der E-Auto Magnat Elon Musk mittlerweile zu den Verfechtern einer zweiten Amtszeit des Republikaners. Er unterstützt damit den Kampf gegen eine Klima- und Subventionspolitik, die Tesla erst gross gemacht hat. Doch Elon sagt das eine, seine Firma Tesla tut das andere.

Staatliche Kredite, Steuererleichterungen und andere Massnahmen zur Förderung der Elektroauto-Industrie verhalfen Tesla zu rasantem Wachstum. Musks Sympathie für Trump und republikanische Rhetorik hält den Autobauer nicht davon ab, weiter bei der US-Regierung und Bundesstaaten um von der Demokratischen Partei propagierte Förderungen zu buhlen. Im Februar forderte Tesla beispielsweise in einem Antrag bei der US-Umweltschutzbehörde EPA die Biden-Regierung auf, Kalifornien die Einführung strengerer Abgasvorschriften für Fahrzeuge zu gestatten als dem Rest des Landes – eine Idee, die Trump ablehnt. Monate zuvor hatte Tesla für Vorschriften lobbyiert, die die Produktion der meisten neuen Benzinautos bis 2035 verbieten würden – das sogenannte «Elektroauto-Mandat», das Trump und die amerikanische Rechte kritisieren.

«Vernünftiger Mensch»

Der Milliardär und Unternehmer, der selbst Subventionen verteufelt, sendet nicht zum ersten Mal widersprüchliche Signale an Wirtschaft und Politik. «Elon neigt dazu, zu sagen, er sei gegen Subventionen, während Tesla sie wie ein hungriger Godzilla verschlingt», sagt Mike Murphy, ein republikanischer Stratege, der eine in Los Angeles ansässige Interessengruppe leitet, die sich um überparteiliche Unterstützung von Elektrofahrzeugen bemüht. Gegen Subventionen zu sein, sie aber mitzunehmen, wenn sie zu haben sind, nennen mit Musks Management Vertraute gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters pragmatisch. Drei Ex-Tesla-Politikberater sagten, Musk sei aus tiefster Überzeugung gegen die meisten staatlichen Eingriffe. Wenn jedoch kostenloses Geld oder andere Vorteile verfügbar würden, wäre es dumm von Tesla, sie nicht zu nutzen. «Er ist ein sehr vernünftiger Mensch», sagte einer der ehemaligen Mitarbeiter.

Der US-Elektroautopionier wurde als Hebel zum Umstieg auf klimafreundliche E-Autos vom Staat gepäppelt. «Ohne die Regulierungsbehörden Kaliforniens gäbe es kein Tesla», sagte einst Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Teslas erste grosse Produktionsanlage in Fremont/Kalifornien wurde mit Hilfe eines 465-Millionen-Dollar-Kredits des US-Energieministeriums errichtet, der später zurückgezahlt wurde. Seit 2018 hat Tesla fast neun Milliarden Euro durch den Verkauf von Klimagutschriften («regulatory credits») eingenommen, wie aus behördlichen Unterlagen hervorgeht. Im letzten Quartal waren es 890 Millionen Dollar, etwa die Hälfte des Nettogewinns. Das System belohnt Firmen mit niedrigen CO2-Emissionen. Bei Übererfüllen ihrer Klimagas-Ziele können sie Gutschriften an Firmen verkaufen, die das im eigenen Betrieb noch nicht schaffen - Teslas Abnehmer sind General Motors oder Stellantis.

Nach Kongress-Unterlagen und öffentlichen Kommentaren setzt sich der Autobauer weiter für politische Unterstützung der Elektromobilität ein. Im Februar erklärte Tesla gegenüber dem US-Finanzministerium, dass eine beschleunigte Abkehr von fossilen Brennstoffen «die Treibhausgasemissionen verringern und die öffentliche Gesundheit und das Wohlergehen des Landes schützen» werde. Von der Umweltbehörde EPA forderte Tesla im Juli letzten Jahres strengere Emissionsgrenzwerte und ein Ende der Produktion von Benzinautos als «unverzichtbare Massnahme», um die «schnell eskalierende Klimakrise» anzugehen.

Klimakrise «kurzfristig überbewertet»

Auch für Musk war Klimaschutz vor einigen Jahren noch Herzenssache. Während der ersten Präsidentschaft Trumps hatte Musk ihn für das Ignorieren des Klimawandels kritisiert. Im Juni 2017, fünf Monate nach Trumps Amtsantritt, verliess Musk die Beratungsgremien des Weissen Hauses, weil die Regierung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2016 ausgestiegen war. «Der Klimawandel ist real», schrieb er damals. «Paris zu verlassen ist weder für Amerika noch für die Welt gut.»

Als der Demokrat Joe Biden 2020 das Ruder übernahm, sagte Musk dem Magazin «Fortune», er sei «super begeistert» über dessen Klimaagenda und optimistisch über die Zukunft nachhaltiger Energien. Zu einem Riss kam es dann, als das Weisse Haus Tesla 2021 nicht zu einem Treffen der Elektroautohersteller einlud. Ende desselben Jahres distanzierte sich Musk von Bidens Initiativen und lehnte den Inflation Reduction Act (IRA) ab, ein gigantisches Konjunkturpaket, das teilweise auf Subventionen für saubere Energie basiert. Tesla brauche keine öffentlichen Mittel, sagte Musk, während seine Firma den IRA lobte und vollständig ausschöpfen wollte. Die Klimakrise hält er inzwischen für weniger dramatisch: «Das Risiko des Klimawandels wird kurzfristig überbewertet, langfristig ist es aber wahrscheinlich zutreffend.»

Seit dem gescheiterten Attentat auf Trump steht Musk fester denn je an dessen Seite. Er finanziert ein Aktionskomitee zur Wiederwahl des Republikaners, das nach offiziellen Unterlagen bisher 21 Millionen Dollar ausgegeben hat. In dieser Woche will der Automanager dem Biden-Herausforderer als Gesprächspartner live auf seiner eigenen Social-Media-Plattform X, dem früheren Twitter, ein Forum bieten. Als ein X-Nutzer Musk fragte, ob er Trumps Ansichten zu Elektroautos kommentieren würde, antwortete dieser: «Das wird schon gut gehen.»

Warum er über die Widersprüche zu Teslas Interessen hinweggeht, darüber kann nur spekuliert werden. Womöglich verfolge er Ziele, die nicht mit den Interessen der Autofirma Tesla vereinbar sind, sagt Andrew Ward, Managementprofessor an der Lehigh University. Er verweist auf Beteiligungen in Sektoren von künstlicher Intelligenz über Weltraumforschung bis hin zu Neurowissenschaften. «Tesla ist nicht sein Endziel.» Der Milliardär könnte einige seiner Anteile an Tesla aufgeben, wenn dies seinen langfristigen Ambitionen dienen sollte. 

(Reuters)