Die Chancen stehen gut, dass ein Zusammenschluss von Sunrise mit der Liberty-Tochter UPC zu einem Schwergewicht auf dem Schweizer Telekom-Markt diesmal gelingt - allerdings unter umgekehrten Vorzeichen.
Denn während Sunrise im vorigen Jahr mit einer 6,3 Milliarden Franken schweren Übernahme des Kabelnetzbetreibers UPC scheiterte, will nun Liberty Sunrise für 6,8 Milliarden Franken schlucken. Lachender Dritter ist der deutsche Mobilfunk-Konzern Freenet: Als Grossaktionär von Sunrise hatte er die Übernahme von UPC verhindert und streicht nun durch den Verkauf seines Aktienpakets 1,1 Milliarden Euro ein. "Ein guter Deal", sagte Freenet-Chef Christoph Vilanek zu Reuters.
Liberty-Chef Mike Fries zeigte sich zuversichtlich, dass die Transaktion gelingt. "Die industrielle Logik dieses Abkommens ist unbestreitbar", sagte er. "Das wichtigste Ergebnis ist hier, dass die beiden Unternehmen zusammenkommen und einen stärkeren, agileren und innovativeren Konkurrenten für den Schweizer Markt schaffen."
Gegenwind von den Wettbewerbsbehörden erwartet Fries nicht. Der Schweizer Telekommarkt wird von der staatlichen Swisscom dominiert. Sunrise und UPC würden zusammen auf 3,17 Milliarden Franken Umsatz kommen. Mit 2,1 Millionen Mobilfunkkunden, 1,2 Millionen Breitbandanschlüssen und 1,3 Millionen TV-Kunden kämen sie jeweils rund ein Drittel Marktanteil. Fries verspricht sich von dem Zusammenschluss zudem jährlich Einsparungen von rund 275 Millionen Franken.
Es sieht nach einer "Win-Win-Win"-Situation aus
Auch für Experten kam die Wiederbelebung der Fusionspläne überraschend. "Wir hatten nicht erwartet, dass Liberty zusätzliches Kapital in den Schweizer Markt stecken würde", schrieben die Analysten von Jeffries. Es sehe aber nach einer "Win-Win-Win"-Situation aus. Die geplanten Synergieeffekte für Sunrise und Liberty seien realistisch und Freenet bekomme für seine Investition in der Schweiz eine schöne Rendite.
Dass die Sunrise-Transaktion eine Abkehr von der bisher verfolgten Strategie sei, verneinte Konzernchef Fries. "Ich habe immer gesagt, dass der Markt Rationalität erfordert und wir opportunistisch bleiben, was die strategischen Entwicklungen dort angeht." Aus Deutschland und Österreich habe sich Liberty zurückgezogen, weil das Geschäft dort nicht groß genug war. In Belgien dagegen sei ein Mobilfunkbetreiber gekauft, in den Niederlanden und Großbritannien seien Gemeinschaftsunternehmen gegründet worden.
"Wir sitzen im Moment auf zehn Milliarden Dollar Liquidität", sagte Fries. "Wir halten dies für einen grossartigen Markt und eine großartige Gelegenheit, das Kapital einzusetzen."
Kehrt Sunrise sogar wieder an die Börse zurück?
Der Sunrise-Verwaltungsrat empfahl am Mittwoch den Aktionären die Annahme des Liberty-Angebots von 110 Franken pro Aktie in bar. Die Offerte entspreche einem Aufschlag von 32 Prozent auf den volumengewichteten Durchschnittskurs der vergangenen 60 Börsentage. Der Deal steht unter der Bedingung, dass die Amerikaner mindestens zwei Drittel aller Anteile einsammeln. Den 24-Prozent-Anteil von Freenet haben sie bereits sicher.
Freenet-Chef Vilanek sagte, das Angebot sei fair und man werde es für das komplette Paket annehmen. Der Mobilfunkbetreiber war für 70 Franken je Aktie bei Sunrise eingestiegen. Vom Erlös will Vilanek 800 Millionen zur Schuldentilgung einsetzen.
Zu einem späteren Zeitpunkt könnte Sunrise sogar wieder an die Börse zurückkehren. "Die Chancen dafür stehen sehr gut", sagte Liberty-Chef Fries. "Wir haben kein Problem mit börsennotierten Unternehmen, unsere Tochter in Belgien ist ein börsennotiertes Unternehmen."
Die Anleger applaudierten. An der Börse Zürich schossen die Sunrise-Aktien 26 Prozent auf 108,70 Franken hoch. In Frankfurt legten die Freenet-Anteile 13 Prozent zu. Die Aktie von Swisscom steigt 2 Prozent.
(Reuters/cash)