Seit Wochen sorgen Blockaden im Roten Meer für Verspätungen bei Warenlieferungen aus Asien. Zudem könnte das chinesische Neujahrsfest mit seinen wochenlangen Werkschliessungen die Situation weiter verschärfen, wie aus Interviews mit fünf Einzelhändlern und mehreren Analysten hervorgeht. Der Discounter Aldi Nord etwa befürchtet, dass es zu Knappheit bei Haushaltswaren, Spielzeug und Dekoration kommen könnte. Deshalb würden nun die Werbekampagnen für bestimmte Produkte verschoben, bis die Vorräte gesichert seien, teilte der Handelsriese mit.

Hintergrund der Verzögerungen sind die seit November verstärkten Angriffe der vom Iran unterstützten militanten Huthi-Rebellen im Jemen auf Schiffe im Roten Meer. Damit wollen sie ihre Unterstützung für die palästinensische islamistische Gruppe Hamas zeigen, die im Gazastreifen gegen Israel kämpft. Die Angriffe beeinträchtigen eine für den Ost-West-Handel wichtige Route, da die Schiffe das Rote Meer als Zugang zum Suezkanal nutzen. Zahlreiche Reedereien, darunter die deutsche Hapag-Lloyd und die weltweite Nummer zwei Maersk meiden die Strecke inzwischen. Viele Unternehmen haben ihre Schiffe angewiesen, stattdessen das südliche Afrika zu umfahren. Die Umleitung verursacht zusätzliche Treibstoffkosten in Höhe von rund einer Million Dollar und verlängert die Reise um etwa zehn Tage.

Insgesamt rechnen die deutschen Einzelhändler aber nicht mit leeren Regalen in den Geschäften. "Weder kurz- noch mittelfristig sind sichtbare Engpässe zu erwarten", sagte jüngst der Sprecher des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Hertel. Grund dafür sei eine robustere Gestaltung der Lieferketten während der Corona-Pandemie sowie des russischen Kriegs gegen die Ukraine.

Wettlauf gegen die Zeit

Die Fabriken in China werden in einem Monat, ab dem zehnten Februar, zwischen zwei und vier Wochen wegen des chinesischen Neujahrsfestes geschlossen sein. Daher versuchen viele Unternehmen, die auf chinesische Waren angewiesen sind, in der Regel im Vorfeld so viel wie möglich zu bestellen. Die Umleitung im Roten Meer könnte jedoch dafür sorgen, dass weniger Schiffe es rechtzeitig zurück in die Volksrepublik China schaffen. Logistikexperten berichteten bereits von einem Containerengpass im Hafen von Ningbo. Erwartet wird, dass es bei für April oder Mai erwartete Waren zu deutlichen Verzögerungen kommen wird.

Beim US-Unternehmen BDI Furniture seien die Lagerbestände einiger Möbelstücke bereits sehr gering, sagte die Führungskraft Hanna Hajjar. "Wir haben einfach nicht mit all diesen Verzögerungen gerechnet." Die Lieferzeiten hätten sich durch die Störungen um bis zu 15 Tage verlängert. Nun seien Bestellungen vorgezogen worden und es werde verstärkt auf Fabriken in der Türkei und Vietnam gesetzt. BDI Furniture habe die Frachtmakler gebeten, die Waren über den Pazifik nach Kalifornien zu verschiffen. Von dort aus würden sie mit der Bahn zu einem Lager an der Ostküste transportiert.

Eine weitere alternative Handelsroute ist die Bahnverbindung von Westchina nach Osteuropa. Die Kosten für die Nutzung dieser Strecke seien jedoch von etwa 7000 Dollar im November auf etwa 9000 bis 10'500 Dollar pro 40-Fuss-Container angestiegen, sagte Craig Poole, der britische Geschäftsführer von Cardinal Global Logistics.

(Reuters)