Der jüngste Anstieg des Frankens hat die Ansichten der Ökonomen über den Zinspfad der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nicht verändert. Eine Mehrheit der von Bloomberg befragten Experten erwartet gemäss einer Umfrage in diesem Jahr eine weitere Senkung der Leitzinsen in der Schweiz um einen Viertelprozentpunkt. Dadurch würde der Leitzins im September, wenn die SNB ihre geldpolitische Lagebeurteilung vornimmt, auf ein Prozent sinken. Acht der 21 befragten Ökonomen prognostizieren zudem eine weitere Senkung über die nächsten zwölf Monate.
Im Gegensatz zu den Ökonomen sieht der Schweizer Kapitalmarkt eine schnellere Gangart bei der Lockerung der Geldpolitik. Er preist eine Senkung des Saron (Swiss Average Rate Overnight) von derzeit 1,25 auf 0,75 Prozent bis zum Jahresende derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent ein. Eine Reduktion um einen halben Prozentpunkt im gleich im September wird aber als wenig wahrscheinlich erachtet.
Hintergrund der Entwicklung: Zuflüsse in den «sicheren Hafen» Franken haben die Schweizer Währung letzte Woche während der Marktturbulenzen gegenüber dem Euro auf den höchsten Stand seit fast einem Jahrzehnt getrieben. Die Schweizer Exportwirtschaft hat die SNB entsprechend aufgefordert, «schnell zu handeln» und einer Aufwertung des Frankens entgegenzuwirken. Ein Mittel dazu wären Zinssenkungen, denn damit werden Devisen im entsprechenden Währungsraum für Investoren weniger attraktiv.
Allerdings sind die Zinsen in der Schweiz im internationalen Vergleich schon sehr tief. Die SNB ist mit ihren zwei Zinsschritten im März und Juni vorgeprescht. Die US-Notenbank, zum Vergleich, hat ihre Geldpolitik noch gar nicht gelockert, die Europäische Zentralbank hat die Zinsen erst einmal um 25 Basispunkte gesenkt.
Nationalbank bleibt in der Zwickmühle
Angesichts der nach wie vor grossen Unsicherheit an den Märkten wird der Franken weiterhin zur Stärke neigen, meint Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank (SGKB). «Das bringt die Nationalbank in eine schwierige Lage.»
Denn der Wert des Frankens war zwischenzeitlich wieder auf dem Niveau von Ende 2023 angelangt, was der SNB schon damals missfiel. Unabhängig von möglichen «Safe Haven»-Ereignissen wird sich der Druck auf den Franken und damit auf die SNB zusätzlich erhöhen, wenn die amerikanische Notenbank Fed ab September die US-Leitzinsen in den USA regelmässig senken wird und die Europäische Zentralbank (EZB) nachzieht.
«Sollte sich die konjunkturelle Situation in den USA verschlechtern, wird Fed-Präsident Jerome Powell nicht zögern, den Leitzins auch in grösseren Schritten zu senken. Die SNB kann im September und allenfalls im Dezember noch einmal nachziehen und ihren Leitzins auf 0,75 Prozent senken», erläutert der SGKB-Anlagechef. Dann wird es eng, wenn die Nationalbank sich ein Restpotenzial an Zinssenkungen für wirtschaftlich wirklich schwierige Situationen erhalten und neuerliche Negativzinsen verhindern will.»
Besorgniserregend für die SNB ist, dass die Zinsen auf die Devisenkurse nur einen vorübergehenden Effekt haben und rasch verpuffen. Die Zinsdifferenz zwischen dem Franken und dem US-Dollar ist gegenüber Anfang Jahr 0,50 Prozent grösser. Der Wechselkurs des Dollars zum Franken ist dennoch praktisch wieder am gleichen Ort. «Bei einer Sicherheitswährung wie dem Franken ist der Einfluss der Zinsen zusätzlich eingeschränkt», fügt Stucki an.
Nehmen Devisenmarkt-Interventionen durch SNB zu?
Als Instrument für die Kontrolle des Frankens verbleiben der SNB nebst dem Ausschöpfen des vollen Zinssenkungspotenzials vor allem die direkten Interventionen am Devisenmarkt. Dieses Instrument scheint die Notenbank am letzten Montag bei den Markturbulenzen mehrmals eingesetzt zu haben. Dies legen gemäss Marktkommentatoren die Kursbewegungen des Euro und des US-Dollars zum Franken nahe. Damit konnte der starke Aufwertungsschub des Frankens etwas gebrochen werden.
Ob und mit welchem Betrag die SNB effektiv zu Lasten des Frankens eingegriffen hat, ist nicht bekannt. Die SNB kommentiert dies in der Regel auch nicht. Der Anstieg der Sichtguthaben um 9 Milliarden Franken im Wochenvergleich ist aber wohl ein untrügliches Anzeichen für Devisenmarktinterventionen. Die Sichtguthaben haben mit einem Volumen von 463,2 Milliarden Franken zudem den höchsten Stand seit drei Monaten erreicht.
«Für das Stoppen von kurzfristigen Aufwertungen des Frankens sind Devisenkäufe der SNB ein erprobtes und wirkungsvolles Mittel. Ob die SNB damit den Franken wieder über eine längere Zeit kontrollieren und stabilisieren will und kann, ist eine andere Geschichte», so Stucki von der SGKB. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt bei dem unter latentem Aufwertungsdruck stehenden Franken, dass dies ohne einen massiven Aufbau der Devisenreserven nicht zu haben ist. Doch genau diesen Devisenberg, der die Bilanz der SNB massiv aufgebläht hat, will die Nationalbank eigentlich abbauen.
Besonderes Augenmerk für die Entwicklung des Währungspaares Euro/Franken ist die Entwicklung vor allem in Frankreich. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone macht mehr Schulden als erlaubt. Nun rückt der wegweisende September näher. Dann wird sich entscheiden, wie es bei dem von der Europäischen Kommission Mitte Juni eingeleiteten Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung von Frankreich, Italien und fünf weiteren EU-Ländern weitergeht. Auf den europäischen Kapitalmärkten könnte es turbulent werden - und den Euro durchaus Richtung 90 Rappen drücken. Die Schuldenkrise ab 2010 in Griechenland und anderen Euro-Ländern hat schliesslich gezeigt, wie gefährlich ein zu hohe Verschuldung von Staaten für die ganze EU werden kann.
3 Kommentare
Nach den konzeptlosen Leitzinserhöhungen jetzt die Sorge um den zu hohen Franken – deutlicher kann die Nationalbank ihre Konzeptlosigkeit nicht zum Ausdruck bringen. Und das wie stets zum Schaden des Volkes!
Geht endlich runter mit dem Leitzins!!!
Nationalbanken braucht es nicht, und damit auch keine hochbezahlten Manager dieser Institutionen. Die Welt braucht eine Goldgedeckte Währung und keine Inflation, verursacht durch das Schuldgeld-System das wir Heute haben. Geld schaffen aus dem Nichts bringt Weltweit immer höhere Schulden und macht eine kleine Elite immer Vermögender, da von Unten nach Oben umverteilt wird. Im Goldstandart können Kriege nicht finanziert werden. Immer werden Kriege mit frisch gedrucktem Geld finanziert, das die Massen durch Inflation beraubt und verarmen lässt. Und diese verarmten Massen werden dann gegeneinander auf das Schlachtfeld, zum Töten gehetzt. Profiteur ist die Waffenindustrie mit Ihren Aktionären, die sich an sicheren Orten ein luxuriöses Leben gönnen.
Dollar und Euro steigen ja seit Tagen kräftig an.
Es wird die SNB mit Devisen Verkäufen sein.