Der Bundesrat empfiehlt deshalb die Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» der FDP Frauen zugunsten des indirekten Gegenvorschlags zur Ablehnung, wie er schrieb. Mit einem neuen Bundesgesetz über die Individualbesteuerung könne das gleiche Ziel schneller erreicht werden. «Es braucht keine Verfassungsbestimmung, um die Individualbesteuerung einzuführen», sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter in Bern vor den Medien.

Heute werden in der Schweiz verheiratete Paare und gleichgeschlechtliche Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, gemeinsam besteuert. Gehen beide Personen einer Erwerbstätigkeit nach, müssen sie wegen der Progression teilweise höhere Steuern bezahlen als Konkubinatspaare mit zwei getrennten Steuerveranlagungen.

Mit dem Wechsel von der Ehepaarbesteuerung zur Individualbesteuerung wollen die Befürworter die sogenannte Heiratsstrafe abschaffen und positive Erwerbsanreize setzen. Der Grundsatz lautet: Ehepaare sollen künftig wie unverheiratete Paare besteuert werden und zwei getrennte Steuererklärungen ausfüllen.

Es warten mehrere Hürden

Die Eckwerte der Reform hatte der Bundesrat bereits im August 2023 gestützt auf die Resultate der Vernehmlassung beschlossen. Bei der Mehrheit der Parteien und der Kantone fiel die Vorlage durch. Der radikale Umbau des Systems in der Ehepaarbesteuerung schaffe neue Ungerechtigkeiten, lautete der Tenor. In den vergangenen zwei Jahrzehnten waren mehrere Versuche gescheitert, die Heiratsstrafe vollständig zu beseitigen.

Trotzdem trieb der Bundesrat das Projekt voran, das das Parlament im Rahmen der Legislaturplanung verlangt hatte. «Wir erfüllen die Aufträge des Parlaments immer - manchmal gerne und manchmal weniger gerne», sagte Keller-Sutter. Die Individualbesteuerung habe Vor- und Nachteile. Es sei nun am Parlament, zu entscheiden, wie es weitergehen solle.

Klar ist, dass dem Projekt noch mehrere Hürden bevorstehen. Selbst wenn Parlament und das Volk einer Individualbesteuerung zustimmen würden, gäbe es laut Keller-Sutter eine lange Übergangsfrist. «Die Kantone haben zehn Jahre für die Umsetzung gefordert.» Sie rechne nicht damit, dass die Individualbesteuerung vor Mitte der 2030er-Jahre umgesetzt wäre.

Eine Milliarde Franken fehlt

Gemäss der vom Bundesrat verabschiedeten Vorlage sollen die Einkünfte und Vermögenswerte von verheirateten Paaren nach den zivilrechtlichen Verhältnissen aufgeteilt werden, wie es heute bereits bei unverheirateten Paaren erfolgt. Der Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer soll von heute 6700 auf 12'000 Franken erhöht werden.

Hingegen soll auf den Abzug für Haushalte mit nur einer erwachsenen Person verzichtet werden. Auch für Ehepaare mit nur einem Einkommen ist kein spezieller Abzug vorgesehen.

Die Individualbesteuerung ist gemäss den Bundesratsplänen auf allen Staatsebenen vorgesehen. Die Kantone müssten die Reform somit auf Kantons- und Gemeindeebene umsetzen. Offen sind die Auswirkungen auf die kantonalen Steuern, weil die Kantone bei der Ausgestaltung der Tarife und Abzüge frei sind.

Bei der direkten Bundessteuer geht der Bundesrat, bezogen auf das Steuerjahr 2024, von schätzungsweise rund einer Milliarde Franken Mindereinnahmen pro Jahr aus. Davon trägt der Bund rund 800 Millionen Franken und die Kantone rund 200 Millionen Franken.

Gewisse dürften mehr bezahlen

Anpassen will der Bundesrat den Steuertarif. So sollen die Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen abgesenkt und für sehr hohe Einkommen leicht erhöht werden.

Die Tarifanpassungen ermöglichten eine gleichmässigere Entlastungswirkung der Reform über die Einkommensklassen, schrieb der Bundesrat. «Schätzungen zufolge wird die Steuerlast mit dem indirekten Gegenvorschlag für eine deutliche Mehrheit der Steuerpflichtigen sinken.»

Für Ehepaare mit nur einem Einkommen oder einem niedrigen Zweiteinkommen führt die Reform bei der direkten Bundessteuer laut dem Bundesrat hingegen zu gewissen Mehrbelastungen. Dies betrifft insbesondere Ehepaare mit nur einem Einkommen und Kindern.

(AWP)