Die Divergenzen zwischen den drei Schweizer Finanz-Valoren Julius Bär, UBS und Vontobel sind gross. Die Valoren von Julius Bär legten in den letzten drei Monaten um 4,1 Prozent zu, UBS um 7,2 Prozent und Vontobel gar um 19,1 Prozent. Das sieht überall auf den ersten Blick positiv aus. Werden die Zahlen der Unternehmensabschlüsse der letzten Woche, die daraus resultierenden kurzfristigen Kursverluste sowie die anstehenden Herausforderungen herangezogen, so machen sich Gräben auf. 

Gerade für Julius Bär und UBS sah die britische Barclays Bank vor drei Monaten dank eines starken Investmentbanking-Geschäfts ein ausschlaggebendes Argument für höhere Aktienkurse. Aber wie so oft kommt es bekanntlich anders, und zweitens als man denkt. Zwar wussten beide Finanzinstitute bei den publizierten Jahresabschlüssen für 2024 mit einem ertragsstarken Investmentbanking aufzutrumpfen. Überschattet wurde dieser Erfolg aber zum Teil vom nicht überzeugenden Zahlenkranz in den anderen Sparten, zu hohen Kosten im Verhältnis zu den Einnahmen - sogenannte Cost-Income-Ratio oder Kosten-Einnahmen-Verhältnis. Im Falle der UBS belastete weiterhin das latente Risiko höherer Eigenkapitalvorschriften bei den Tochtergesellschaften.

Bei der UBS dürften höhere Eigenkapitalvorschriften zu geringeren Aktienrückkäufen führen, weil mehr flüssige Mittel im Eigenkapital gebunden werden und nicht an die Aktionäre zurückgeführt werden können. Und so gross diesbezüglich die Befürchtungen nach Vorlage der Jahreszahlen vor Wochenfrist waren, so unbegründet scheinen diese Sorgen eine Woche später. Ob Goldman Sachs (Kursziel 44,50 Franken) oder JPMorgan (Kursziel 34,00 Franken): Die Kursziele und Ratings wurden jüngst bestätigt oder erhöht. Und auch die bisher zurückhaltende Deutsche Bank hat die Meinung am Dienstag geändert. Deren Analyst empfiehlt die Aktie nun zum Kauf nach einem Halten-Rating und schraubt das Kursziel auf 37 von 29 Franken hoch. 

Die Zürcher Kantonalbank weist nach Überarbeitung des Zahlenmodells zwar darauf hin, wonach in jedem Fall die Markterwartungen in Bezug auf Aktienrückkäufe wahrscheinlich nach unten korrigiert werden müssen. Am positiven Fazit zur Einstufung «Übergewichten» ändert das aber nichts. Die Integration der Credit Suisse scheint nach Plan zu verlaufen, und das Umsatzwachstum in Verbindung mit einer verbesserten Effizienz sollte bereits gegen Ende 2025 zu einer Steigerung der Rentabilität führen. Der ZKB-Analyst Michael Klien empfiehlt deshalb, «investiert zu bleiben und allfällige Rückschläge zum Einstieg oder Zukauf zu nutzen.»

Wie wichtig Aktienrückkäufe sind, kann an der Kursentwicklung der Julius-Bär-Valoren abgelesen werden. Die Ankündigung eines solchen blieb am 3. Februar bei der Publikation des Jahresabschlusses aus, die Titel stehen seither 8 Prozent tiefer. Da halfen auch die hohen Erträge im Investmentbanking nicht, weil sich die Analysten am nach wie vor hohen Kosten-Ertrags-Verhältnis störten. Entsprechend hagelte es in den letzten Tagen Rating-Kürzungen und Kurszielreduktionen, wie der cash insider am Dienstag hier berichtete.

Vontobel überrascht positiv

Die Erwartungen an den Abschluss von Vontobel waren im Vergleich zur Julius Bär oder UBS vergleichsweise bescheiden. Gerade im Geschäft mit institutionellen Kunden schwächelt der Vermögensverwalter seit Jahren. Dies hat sich erneut bestätigt. Allerdings vermochte die Bank bei den privaten Kunden zu Punkten und Neugelder anziehen. Entsprechend konnte Vontobel den Gewinn im Geschäftsjahr 2024 nicht zuletzt dank Fortschritten auf der Kostenseite steigern. Der Reingewinn der Zürcher Privatbank lag mit 266 Millionen Franken um 24 Prozent über dem Vorjahresergebnis, wie Vontobel am letzten Freitag mitteilte. Die Anlegerinnen und Anleger liessen sich auch nicht von der unveränderten Dividende abschrecken, welche weiter 3,00 Franken je Aktie beträgt.

Gemeinsam ist den drei Finanzinstitutionen der Einbruch beim Aktienkurs nach der Veröffentlichung der Jahreszahlen. Alle drei Titel verloren zwischen 7 und 9 Prozent. Seither hat einzig Vontobel den anfänglichen Taucher fast wieder ausgebügelt. Die Bär-Valoren stehen seit der Publikation der Jahreszahlen rund acht Prozent tiefer, diejenige der grössten Schweizer Bank ebenfalls. 

Fazit: Von der Performance wusste Vontobel wider Erwarten die zwei grösseren Konkurrenten in jüngster Vergangenheit auszustechen. Für die Zukunft stellt sich die Frage, wer die Hausaufgaben nun am besten macht. Der Bank Julius Bär wäre dies durchaus zuzutrauen, auch wenn das nicht von heute auf morgen geschieht. Die jüngsten Abstufungen geben dem neuen Bär-CEO Stefan Bollinger etwas mehr Zeit, um das Geschäft wieder auf Vordermann zu bringen und die negativen Erinnerungen an die Benko-Kredite oder das Finma-Enforcement-Verfahren vergessen zu machen. 

Thomas Daniel Marti
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