Künstliche Intelligenz (KI) gilt weithin als Antreiber der nächsten industriellen Revolution und soll langfristig das Produktivitätswachstum steigern. «Korea ist jedoch eine der wenigen Ökonomien der Welt, die bereits in der Anfangsphase von diesem Wachstumsschub profitiert», schreiben die Analysten der Bank of America in einer neuen Studie.

Unter einer industriellen Revolution versteht man eine tiefgreifende und dauerhafte Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse - der Begriff bezeichnet in der Geschichtswissenschaft die Einführung der Massenproduktion in Fabriken und die damit einhergehende Ablösung der Agrarwirtschaft als dominierender Sektor um 1750 in Grossbritannien. 

In Korea entfallen 17 Prozent der Exporte, 10 Prozent der Industrieproduktion, 7 Prozent der Gesamtinvestitionen und 4,4 Prozent der Wertschöpfung auf den Halbleitersektor. Dieser Sektor war der grösste Nutzniesser des KI-Booms und verzeichnete im ersten Halbjahr 2024 einen Exportanstieg von über 50 Prozent im Jahresvergleich. Der Halbleitersektor hat massgeblich zur Erholung der Exporte beigetragen.

Grosse Hersteller weiten Investitionspläne aus

Die steigende Nachfrage nach Halbleitern hat auch positive Auswirkungen auf Sektoren wie Basismetalle, Chemikalien und Kautschuk, und könnte zu weiteren Investitionen in diese miteinander verbundenen Branchen führen. Insgesamt erwartet die Bank of America, dass das robuste Wachstum der Halbleiterexporte in diesem Jahr ein exportgetriebenes Wirtschaftswachstum von 3 Prozent sicherstellen wird, was deutlich über dem regionalen Trendwachstum liegt.

Die steigende Nachfrage nach KI-Chips hat auch dazu geführt, dass grosse Hersteller von Speicherchips ihre Investitionspläne ausgeweitet haben, insbesondere im Bereich der Anlageninvestitionen. SK Hynix hat kürzlich die Massenproduktion von HBM3e der fünften Generation aufgenommen und plant, seine HBM-Produktionskapazität bis 2024 im Vergleich zum Vorjahr mehr als zu verdoppeln.

Auch Samsung plant, seine HBM-Produktion bis 2024 um das 2,5-fache und bis 2025 um das weitere 2-fache zu steigern. Die Halbleiteranalysten der Bank of America gehen davon aus, dass die beiden grossen Hersteller ihre Investitionsausgaben bis 2026 erhöhen werden. Obwohl nicht alle Investitionen im Inland getätigt werden, wird der Halbleitersektor voraussichtlich etwa sieben Prozent der Gesamtinvestitionen in Korea ausmachen, was auf bedeutende KI-bezogene Investitionen in Korea hinweist.

Im bisherigen Jahresverlauf ist der Aktienkurs von Samsung nur um fünf Prozent gestiegen, während SK Hynix einen Anstieg von 44 Prozent verzeichnete. Die von Bloomberg befragten Analysten sehen auch bei SK Hynix ein höheres durchschnittliches Kurspotenzial: 36 Prozent im Vergleich zu 31 Prozent.

Grösste Roboterdichte pro Arbeitskräfte

Südkorea, die vierzehntgrösste Wirtschaftsnation, gilt in zahlreichen Technologiefeldern als Weltmarktführer. Die Bevölkerung ist technologiebegeistert, daher ist es kein Zufall, dass dort als erstes die 5G-Technologie eingeführt wurde. Südkorea verzeichnete auch den höchsten Wert an Robotern pro 10'000 Arbeitskräfte weltweit, mit 1012 Robotern im Jahr 2022. In der Schweiz liegt dieser Wert bei 296.

Die Analysten der Bank of America prognostizieren, dass Südkorea durch seine hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung und die stetig steigende Anzahl an Patenten in KI-bezogenen Bereichen seine Position bei der KI-Adaption weiter verbessern wird. Der allgemeine Produktivitätsgewinn durch die Entwicklung von KI könnte in den kommenden Jahren zu einem langfristigen Wachstumsmotor werden.

«Wir gehen davon aus, dass der Gewinn beim totalen Faktorproduktivitätswachstum den Verlust beim Beschäftigungswachstum in den 2030er- bis 2040er-Jahren vollständig ausgleichen wird», sagen Benson Wu, Simon Woo und Ting Him Ho von der Bank of America. Zudem machen die ungünstigen demografischen Verschiebungen in Korea hinsichtlich der Auswirkungen von KI das Land zu einem Sonderfall.

Aufgrund der geringeren Anzahl junger Menschen in Korea machen sich weniger Bedenken hinsichtlich der Substitution von Arbeitskräften durch KI-gesteuerte Automatisierung breit. In den Dienstleistungssektoren, die stark von der Einführung von KI betroffen sind (einschliesslich Finanzdienstleistungen, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, Bildung, IT und Gesundheitswesen), gibt es auch mehr junge Arbeitnehmer. Daher ist zu erwarten, dass diese relativ jungen Angestellten KI schneller und besser annehmen, was zu höheren Produktivitätsgewinnen führen könnte.

Herausforderungen und ETF-Investitionsmöglichkeit

Die Studie identifiziert drei grosse Herausforderungen für den Durchbruch von KI in Korea: 

  1. Eine Konzentration auf bestimmte Sektoren inmitten technologischer Unsicherheiten - Korea hat insbesondere im Bereich Speicher grosse Fortschritte gemacht, während in anderen Sektoren entlang der Wertschöpfungskette kaum Fortschritte zu verzeichnen sind.
  2. Begrenzte Auswirkungen auf andere Marktteilnehmer im KI-bezogenen Ökosystem in Korea, aufgrund der bedeutenden Präsenz von grossen Mischkonzernen in dieser kapitalintensiven Branche.
  3. Potenzielle geopolitische Spannungen könnten die Halbleiter-Lieferkette belasten, insbesondere im Zusammenhang mit einer möglichen längerfristigen technologischen Entkopplung zwischen den USA und China.

«Das Zeitalter der künstlichen Intelligenz (KI) rückt näher, und wir erleben derzeit den Aufstieg der generativen KI. Unsere Analysten glauben auch, dass wir den 'iPhone'-Moment erleben, mit der Demokratisierung von Daten, der beispiellosen Massenanwendung, der raschen technologischen Entwicklung und der Vielzahl kommerzieller Anwendungsfälle», so das Fazit der Autoren.

Es ist klar, dass Südkorea in Bezug auf KI eine führende Rolle einnimmt und wohl auch zukünftig einnehmen wird. Während grosse koreanische Unternehmen KI übernehmen und im Alltag einsetzen, ist ihr zyklischer Einfluss erst seit Kurzem spürbar. Mit einem ETF kann man auf die zukünftige Entwicklung setzen, ohne dem Risiko einzelner Aktien ausgesetzt zu sein. Der «Franklin FTSE Korea UCITS ETF» bildet den FTSE Korea 30/18 Capped Index ab, und die Gesamtkostenquote liegt bei niedrigen 0,09 Prozent.

ManuelBoeck
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