Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen hat Donald Trump neue Zölle von zehn bis zwanzig Prozent auf Importgütern aus Europa und der Schweiz sowie solche von 60 Prozent auf Einfuhren für Waren aus China angedroht. Wie hoch diese Zölle nach gewonnener Wahl bei seiner Amtseinführung am 20. Januar 2025 effektiv ausfallen und wie schnell diese in Kraft treten, ist derzeit offen.

Die Börse reagiert wie immer rasch auf schlechte Nachrichten, und bei diversen Schweizer Unternehmen kam es seit Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu Kursrückgängen. Im Swiss Market Index (SMI) wurden mit Richemont (- 4 Prozent Kursverlust seit der US-Präsidentschaftswahl), Swatch (-4 Prozent), Logitech (-1,2 Prozent), Kühne+Nagel (- 0,9 Prozent) und Sonova (- 5,4 Prozent) gleich fünf Valoren zurückgestuft.

Fünf SMI-Titel im Fokus

Die Zürcher Kantonalbank begründet in einer Analyse, weshalb gerade diese SMI-Firmen besonders von einer allfälligen Einführung von Zöllen betroffen wären. Dabei orientieren sich deren Experten an den geschätzten Umsatzanteilen und den entsprechenden Fertigungsanteilen im US-Markt. 

Im Luxusgüterbereich sind sowohl Richemont (Umsatzanteil USA rund 19 Prozent) als auch Swatch Group (Umsatzanteil USA rund 11 Prozent) aufgrund ihres Exportgeschäfts von potenziellen Zollerhöhungen betroffen. Die Aktien des Spediteurs Kühne + Nagel sind in der letzten Woche ebenfalls unter Druck geraten, da höhere Zölle den Welthandel behindern dürften. Im Medtech-Sektor erzielt Sonova einen Umsatzanteil von rund 30 Prozent in den USA, ohne über lokale Produktionskapazitäten zu verfügen. 

Im Technologie-Sektor steht Logitech mit einem Produktionsanteil von 40 bis 50 Prozent in China und einem Umsatzanteil von 36 Prozent in den USA besonders exponiert da. 

Auch Mid Caps im Blickpunkt

Bei den mittelgrossen Firmen machen die Analysten der ZKB verschiedene exponierte Firmen aus. Montana Aerospace dürfte mit einem Umsatzanteil von rund 26 Prozent und einer nur geringen Kostenbasis im US-Markt eine grössere Sensitivität auf allfällige Zollerhöhungen aufweisen. Meyer Burger wäre - sofern das Unternehmen die nächsten Wochen und Monate überlebt - mit einem zukünftigen hohen Umsatzanteil in den USA ebenfalls wesentlich betroffen. 

Im Industriesektor erzielt Accelleron mit den US-Servicestationen rund 18 Prozent des Umsatzes, verfügt aber über keine lokalen Produktionsstätten. Komax erzielt rund 20 Prozent des Umsatzes in den USA mit vorwiegenden Importen aus Europa. 

Carlo Gavazzi generiert rund zwölf bis vierzehn Prozent des Umsatzes in den USA, der grösstenteils über Importe generiert wird. Bei LEM sind es rund zehn Prozent des Umsatzes in den USA, die aus Europa oder China stammen. Forbo erzielt 16 Prozent des Umsatzes in den USA bei einem wohl unterdurchschnittlichen Kostenanteil in den USA, wie die ZKB weiter festhält. 

Bei Belimo steht einem Umsatzanteil von rund 40 Prozent ein geschätzter lokaler Kostenanteil von 25 bis 30 Prozent gegenüber. Belimo erhöht aber den Kosten-Fussabdruck in den USA kontinuierlich und ist im Unterschied zu Wettbewerbern weniger von chinesischen Zulieferern abhängig, was die relative Wettbewerbssituation eher verbessert. Die meisten anderen Industriewerte verfügen über anteilig ähnliche Umsatz- und Kostenstrukturen in den USA respektive Mexiko. 

Bachem wiederum erzielt rund 40 Prozent des Umsatzes in den USA bei einem deutlich tieferen lokalen Kostenanteil. Zudem erzielt Ypsomed rund 25 Prozent des Umsatzes in den USA, verfügt aber noch über keine lokale Produktion vor Ort. Im Chemiesektor erzielt Clariant rund 16 Prozent des Umsatzes in den USA mit einem tieferen Kostenanteil.

Die ZKB-Experten machen mit SGS einen weiteren, potenziellen Verlierer aus. «Der Genfer Warenprüfungskonzern könnte indirekt von einer allfälligen Verlangsamung der Exporte von beispielsweise Asien nach den USA betroffen sein. So erzielt SGS rund 33 Prozent des Umsatzes in der Region Asien-Pazifik, respektive 16 Prozent in China - davon entfällt rund die Hälfte auf Exportgeschäfte», erklärt Omar Brem, Leiter Research bei der Zürcher Kantonalbank, gegenüber cash.ch.

Kaum betroffen dürften auf der anderen Seite die meisten Produzenten von Nahrungsmitteln und Konsumgütern wie Nestlé oder Lindt&Sprüngli sein. Die zwei Firmen verfügen über einen hohen lokalen Produktionsanteil, der das Risiko entsprechend minimiert. Holcim, welche die Verselbstständigung des US-Geschäfts anvisiert, dürfte ebenfalls von der «America First»-Politik profitieren - der cash Insider berichtete hier

Weniger hohe Zölle wegen Inflationsrisiko?

Während bereits ein Teil der negativen Effekte von neuen Zöllen an den Aktienmärkten in Europa, Asien und Südamerika eskomptiert ist, könnten die Zölle trotzdem deutlich weniger schmerzhaft als erwartet ausfallen. Andreas Busch, Ökonom beim Asset Manager Bantleon in Zürich, geht davon aus, dass der durchschnittliche US-Importzollpreise um 15 Prozentpunkte ansteigt, wenn alle angedrohten Zölle umgesetzt werden. Dies dürfte allerdings die Inflationsrate um bis zu zwei Prozentpunkte in die Höhe treiben. «Deshalb sehen wir dieses Extremszenario mit maximal hohen Zöllen als eher unwahrscheinlich an, denn ein kräftiger Inflationsschub ist für die Regierung mindestens so schädlich wie eine Rezession – das haben die jüngsten US-Wahlen eindrucksvoll gezeigt.»

Ebenso sind die Unternehmen den Zöllen nicht schutzlos ausgeliefert. Sekundäreffekte wie Absatzpreiserhöhungen, die Erhöhung des US-Fussabdrucks oder Wettbewerbsveränderungen etwa gegenüber chinesischen Produzenten als Folge allfälliger Zölle könnten diese statischen Betrachtungen mittelfristig deutlich relativieren, betont die ZKB. 

Einige Führungskräfte geben denn auch einen diplomatischen Ton an. Auf die Frage, wie sich eine Präsidentschaft Trumps auf den Schokoladenhersteller Barry Callebaut auswirken würde, sagte CEO Peter Feld gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg, das Unternehmen «werde weiterhin Kunden in den USA bedienen» und der Führungswechsel in Washington werde «keine unserer Verpflichtungen ändern». 
 

Thomas Daniel Marti
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