Für die grossen Halbleiter-Player ist der KI-Boom zu einer regelrechten Goldgrube geworden: Bei Nvidia beispielsweise schnellte der Umsatz im Jahresvergleich im dritten Quartal um 94 Prozent in die Höhe - bei Foxconn, der unter anderem für Apple produziert, waren es 15,2 Prozent im Schlussquartal 2024. Weltweit schossen daraufhin Anteilsscheine von Halbeleiterherstellern nach oben.

Die Präsidentschaft von Donald Trump könnte die Geschäftstätigkeiten und Aktienkurse dank seiner weniger restriktiven Politik und der engen Zusammenarbeit mit der Industrie weiter begünstigen. Davon will zum Beispiel der US-Softwareriese Microsoft profitieren, welcher im laufenden Geschäftsjahr 2025 etwa 80 Milliarden Dollar in den Ausbau von Rechenzentren für Künstliche Intelligenz investieren will. Diese Ankündigung hat das Vertrauen in die Branche gestärkt und die Aktienkurse angekurbelt, nachdem kurzfristig negative Stimmung aufgrund enttäuschender Quartalszahlen von Micron aufkam.

Auch Schweizer Unternehmen, die als Zulieferer, profitierten in den vergangenen Wochen vom anhaltenden Aufwind.

Heimmarkt mit Potenzial

1,3 Prozent betrug der Kurszuwachs der letzten vier Wochen bis zum heutigen Kursabfall beispielsweise für Comet - nun sind es noch 0,5 Prozent. Seit dem Jahreswechsel konnten die Titel gar um 11 Prozent zulegen. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) geht davon aus, dass die Gesamtrendite für das Technologieunternehmen in den nächsten zwölf Monaten deutlich höher sein wird als die Gesamtrendite des Swiss Performance Index. Dies deutete ZKB-Analyst Michael Inauen bereits im Frühling gegenüber cash.ch an: «Comet wird ein klarer Gewinner des nächsten Halbleiteraufschwungs und des längerfristigen Wachstumstrends sein.» Die Marktanteile seien hoch und die neu lancierten Produkte dürften ebenfalls stark wachsen, wenn der Zyklus wieder deutlicher anzieht, bestätigt er seine Aussage nun. Ein Analyst von Berenberg sieht eine jährliche Wachstumsrate von über 20 Prozent bis 2026. 

Die Aktien von Inficon legten in derselben Zeit sogar über 11 Prozent zu und kosten über 1'130 Franken. Trotz eines Rückgangs des Aktienkurses um etwa ein Drittel seit Mitte 2024 bleibt das Messtechnikunternehmen eine attraktive Investmentoption, da das Unternehmen auch in anderen Märkten aktiv ist und somit weniger anfällig für herkömmliche zyklische Schwankungen im Halbleitersektor. Zudem schreiben Analysten dem Unternehmen, nebst dem resilienten Geschäftsmodell, eine dominante Marktstellung bei vielen seiner Produkten zu. Für Kepler Chevreux ist Inficon gar ein Aktienfavorit für 2025: «Aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit glauben wir, dass das Unternehmen unabhängig von einer möglichen Abschwächung der Gesamtwirtschaft weiterhin mit einem jährlichen Wachstum von 10 Prozent wachsen kann.» 

Ebenso Teil der Branche ist Sensirion mit den Sensorlösungen, die für die Herstellungsprozesse in der Halbleiterindustrie benötigt werden. Seit vier Wochen konnten die Aktien um über 11 Prozent zulegen. Auch die Geschäftszahlen der ersten Jahreshälfte liessen sich sehen: die Verkäufe stiegen im Jahresvergleich um 3,9 Prozent. Anlässlich des stattfindenden Kapitalmarkttages anfangs November bestätigte der Sensorenhersteller seine Wachstumsziele. So soll über den nächsten Zyklus von drei bis fünf Jahren bei gleichbleibenden Wechselkursen ein mittleres jährliches Umsatzwachstum im niedrigen bis mittleren Zehner-Prozentbereich erzielt werden.

Zweischneidiges Schwert beim Branchenprimus

Mit einem hohen Umsatzanteil in dieser Industrie und einer breit abgestützten Kundenbasis ist VAT scheinbar optimal aufgestellt. Dennoch war hier der Kurszuwachs im selben Zeitraum vergleichsweise kleiner mit 4,5 Prozent. Auch die letzten Quartalszahlen waren eher durchzogen und es wurden Verluste erzielt. Seit Januar konnten die Titel allerdings um 6,3 Prozent zulegen und für die Ergebnisse des Gesamtjahres, welche am morgigen Donnerstag veröffentlicht werden, erwarten Analysten allerdings ein klares Umsatzplus und einen zum Vorjahr gesteigerten Auftragseingang.

Nicht ganz so optimistisch zeigt sich ein Analyst von Research Partners, der das Kursziel am heutigen Mittwoch auf 372 von 400 Franken senkt. Anspruchsvolle Konsenserwartungen für die Ergebnisse 2024 halten ihn von einer positiveren Sicht auf die Aktie ab. Für 2025 erwarte er jedoch einen starken operativen Leverage, führt er aus. Die Zuversicht fürs neue Geschäftsjahr verspürt wohl auch CEO Urs Gantner, der Mitte Oktober an einer Telefonkonferenz sagte: «Wenn die Nachfrage stimmt, ist ein niedriges zweistelliges Auftragswachstum möglich.» 

Handelskriege und Wettbewerbsfähigkeit

Für die kommenden Monate sind Experten optimistisch, wie Susannah Streeter, Managerin bei der Investitionsgesellschaft Hargreaves Lansdown in ihrer Reaktion auf die Microsoft Neuigkeiten bestätigt: «Die Nachfrage der grossen US-Tech-Unternehmen nach KI-Funktionalitäten ist derzeit unersättlich. Daher muss man davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Halbleiterchips auch 2025 extrem stark sein wird.» Dies dürfte sich positiv auf die Aktienkurse auswirken. ZKB-Analyst Inauen sagt: «Grundsätzlich sehe ich bei den genannten Schweizer Halbleiterfirmen mittel- bis langfristig Potenzial für deutlich höhere Kurse als jetzt.»

Dennoch bewegen sich die Schweizer in einem schwierigen Umfeld, das durch Auf- und Abs geprägt ist. Die Zahlenausweise 2024 und die Outlooks für 2025, so wie steigende Zinsen könnten vorübergehende Schwächephase einleiten, erwähnt Inauen. Besonders im Fokus ist gemäss der Aussage von Sensirion-CEO Marc von Waldkirch im Interview mit cash die geopolitische Lage, welche aktuell eines der grössten Risiken darstellt. «Als Halbleiterfertiger sind wir wegen der aktuellen Lage in Taiwan zusätzlich exponiert.» Unsicherheiten in Bezug auf Handelsabkommen und mögliche Rückwirkungen politischer Entscheidungen stellen eine Herausforderung für die Branche dar. Ausserdem besteht die Befürchtung, dass chinesische Unternehmen durch staatliche Subventionen und Innovationsdruck wettbewerbsfähiger werden. Geduld und Zuversicht ist also gefragt.

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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