Bei einem Aktiensplit teilt ein börsennotiertes Unternehmen seine existierenden Aktien in eine grössere Anzahl neuer Titel mit tieferem Nominalwert auf. Zum Beispiel werden aus 2'000 Aktien zu je nominal 10 Franken nach einem 1:5 Split 10'000 Aktien zu je 2 Franken. Oder einfacher: Aus einer Aktie werden beispielsweise zwei. Dadurch wird der Bestand der zu handelnden Aktien grösser, der Gesamtwert des Unternehmens bleibt unverändert.
Das Prinzip ist zu vergleichen mit Bargeld: Aktuell liegen 2'000 Franken im Geldbeutel, bestehend aus einhundert 20 Franken Scheinen. Wechselt man dieses Geld auf der Bank in kleinere Scheine um, geschieht dasselbe wie bei einem Aktiensplitting. Man hat nun mehr Scheine, dafür mit kleinerem Wert. Der Gesamtwert bleibt unverändert bei 2000 Franken.
Die Aussicht auf einen tieferen Aktienpreis führt nicht selten zu einer kurzfristigen Aktienkurssteigerung, aus verschiedenen Gründen. Erstens verändert sich die Wahrnehmung der Anlegerinnen und Anleger, weil eine Aktie mit einem tieferen Preis optisch als «günstiger» betrachtet wird. Zweitens wird der Titel auch für Privatanleger mit kleinerem Budget besser handelbar respektive investierbar. Deshalb kann schon die Ankündigung eines Aktiensplit in den Folgetagen zu einem Anstieg der Kurse führen, weil sich die Anleger in einer attraktiver werdenden Aktie positionieren.
Andreas Neumann, Leiter Equity Capital Markets bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), führt einen weiteren Punkt an. Ein wichtiges Motiv sei der «Signalling Effect», was unterstreiche, dass das Unternehmen den erhöhten Kurs als gut abgestützt einstufe. Ausserdem können Splits Kursadjustierungen im Vorfeld einer Fusion oder bessere Möglichkeiten für die Strukturierung begünstigen. Zudem entstünden weniger Zufallskurse.
Mögliche Kandidaten
Am Freitag hat Siegfried einen Aktiensplit angekündigt. Der Pharmazulieferer teilte mit, eine Aktie in zehn aufzuteilen, um die Liquidität zu erhöhen und die Teilnahme an Aktienkaufprogrammen für Mitarbeiter zu erleichtern. Aber auch weitere Schweizer Unternehmen mit hohen Aktienkursen wären grundsätzlich «split-würdig». 14 Unternehmen im Swiss Performance Index (SPI) weisen derzeit einen Kurswert von über 1000 Franken aus.
Langjähriger Kandidat ist Lindt&Sprüngli als «schwerster» Titel an der Schweizer Börse mit einem Kurs der Namenaktie von über 104'000 Franken. Auch der Partizipationsschein mit einem Wert von 10'000 Franken erfüllt das «Kriterium». Dennoch weist der Schokoladehersteller solche Vermutungen immer wieder von sich. «Die aktuelle Struktur ist für Lindt & Sprüngli seit vielen Jahren ein bewährtes und erfolgreiches Modell», gab ein Firmensprecher bereits vor zwei Jahren gegenüber cash.ch Auskunft. Auch kann ein hoher Aktienpreis wie bei Lindt eine gewisse Exklusivität ausstrahlen und Prestige bringen. Lindt ist, wie die Aktie von Berkshire Hathaway, das klassische Beispiel eines «Rolls Royce» der Aktienwelt.
Weitere Kandidaten für einen Split wären die Titel der Zuger Kantonalbank (Preis: 8'840 Franken), Graubündner Kantonalbank (1'795 Franken), Hypothekarbank Lenzburg (4300 Franken), Givaudan (4'022 Franken), Interroll (2'325 Franken), Inficon (1'150 Franken), Barry Callebaut (1'042 Franken) und Partners Group (1'405 Franken).
Letztere plane kein Aktiensplitting, da ihre mehrheitlich institutionellen Investoren keinen Wert darauf legten, gibt die Medienstelle des SMI-Mitglieds Partners Group auf Anfrage von cash Auskunft. Auch von den anderen Firmen verlautet nichts grundsätzlich anderes. Die Hypothekarbank Lenzburg erwähnt allerdings, sie behalte zu diesem Thema für die Zukunft alle Optionen offen.
Verhaltener Schweizer Markt
Im Vergleich zu anderen Märkten haben Aktiensplits in der Schweiz generell einen schweren Stand. «Im Durchschnitt gab es bei SIX- kotierten Aktien in den letzten zehn Jahren zwei bis drei Aktiensplits pro Jahr», sagt Neumann von der ZKB. Traditionell hatten Aktien in der Schweiz im internationalen Vergleich historisch höhere Kurse, was früher mit den minimalen Nennwerten zu tun hatte, erklärt er.
So führte die Luzerner Kantonalbank 2023 eine Kapitalerhöhung im Verhältnis 1:5 durch, bei Belimo wurde vor vier Jahren ein Split im Verhältnis 1:20 durchgeführt - da notierte die Aktie um die 8000 Franken.
Experten erklären die Zurückhaltung der Schweizer Firmen bei Splits mit dem stärkeren Fokus auf institutionelle Anleger. «Für diese spielt die Bewertung gemäss anerkannten Methoden eine deutlich grössere Rolle als der absolute Kurswert in Franken», erklärt Neumann von der ZKB. Bei traditionellen sogenannten Retail-Aktien mit einer breiten Zahl von Investoren könne ausserdem die Kapazität für die Durchführung einer Generalversammlung mit der hohen Anzahl von Aktionären ein Grund gegen einen Split sein.
So verlockend die Massnahme sein mag. Das Splitten von Aktien ist keine Garantie für eine höhere bessere Performance der Aktie. Eine Studie der Bank of America (BofA) aus dem Jahr 2022, die sich auf S&P 500-Unternehmen fokussierte, bestätigt zwar kurzfristige Kursanstiege, auf lange Frist gibt es aber keine Garantie dafür. In der BofA-Studie übertrafen die Aktien die Performance des Index nach der ersten Ankündigung im Durchschnitt zwar deutlich, allerdings hätten die Unternehmen mit bereits mit guten Performances den Split durchgeführt.
Es ist also nicht garantiert, dass die Kurse bei Siegfried wegen des Aktiensplits langfristig steigen. Kurzfristig besteht für Anleger allerdings die Möglichkeit auf Gewinne. Stimmen die Fundamentaldaten und der Ausblick nicht, ist auch mit einem Split kein Blumentopf zu gewinnen.