Seit der Ausbreitung des Coronavirus in Europa geben auch die amerikanischen Indizes auf breiter Front nach. Der breite S&P 500 Index hat seit dem 23. Februar 18 Prozent verloren. Zu den grossen Verlierern gehörden die Aktien von Energieunternehmen wie dem Ölförderer Devon Energy (-60 Prozent).

Aber auch Anbieter der Tourismusbranche wie Royal Caribbean Cruises (-55 Prozent) stürzen regelrecht ab. Zu den Gewinnern gehören hingegen das Pharmaunternehmen Gilead (+5 Prozent) oder das Biotechnologieunternehmen Regeneron Pharmaceuticals (+18 Prozent). Diese profitieren von der Hoffnung, dass die Industrie bald einen Wirkstoff gegen das Coronavirus findet. 

Die Performance der zehn schlechtesten und besten Aktien des S&P 500 seit 24. Februar (Quelle Bloomberg).

In dieser Betrachtung geht jedoch verloren, dass die fünf grossen Internetkonzerne Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google - kurz FAANG - ebenfalls abgestraft wurden. Bietet diese Korrektur eine Chance? Eine Einschätzung.

Alphabet (Google): -18 Prozent seit 23. Februar

Das Werbegeschäft von Google trägt immer noch 83 Prozent zum Umsatz bei. So könnte die Ausbreitung des Coronavirus Kürzungen von Marketingbudgets zur Folge haben. Die Anzeigenschaltungen der Reiseindustrie machen alleine zehn Prozent der gesamten suchbasierten Anzeigenerlöses von Google aus. Umgekehrt aber verbringen Menschen in nächster Zeit mehr Zeit im Internet.

Langfristig gesehen ist das Coronavirus für Alphabet vermutlich nur eine Fussnote in der Unternehmensgeschichte. Der Konzern bleibt eine gewaltige Profitmaschine. 2019 verdiente Alphabet 34 Milliarden Dollar. Die Kasse ist mit 120 Milliarden Dollar an Cash-Beständen üppig gefüllt.

Kein einziger Analyst empfiehlt gemäss Bloomberg "Verkaufen". Fünf Analysten empfehlen "Halten" Insgesamt 40 Analysten empfehlen "Kaufen". Das durchschnittliche Preisziel liegt bei 1597,95 Dollar, was einem potenziellen Kursgewinn von 31 Prozent entspricht. Ein Einstieg erscheint zum jetzigen Zeitpunkt wegen der Abhängigkeit vom Werbemarkt trotzdem noch riskant.

Amazon: -14 Prozent seit 23. Februar 

Das Online-Warenhaus und Clouddienstleister konnte sich mit minus 3 Prozent seit Jahresbeginn noch relativ gut halten. Die Performance liegt eindeutig über der Performance des breiten US-Index S&P 500.

Gemäss dem CNBC-Marktkommentator James Cramer könnte Amazon als sogenanntes "Stay-at-Home"-Unternehmen von dem fortschreitenden Rückzug vieler Konsumenten aus dem öffentlichen Alltag profitieren. Amazon verfügt über ein ziemlich umfassendes Sortiment, auch WC-Papier oder Mundschutzmasken gehören dazu.

Amazon punktet auch bei den Analysten. 55 von 58 empfehlen "Kaufen". Keiner empfielt "Verkaufen". Das Aufwärtspotenzial beträgt mit einem durchschnittlichen Kursziel von 2418 Dollar 34 Prozent. Hier ist ein Einstieg trotz der anhaltenden Coronakrise nicht verwegen.

Apple: -15 Prozent seit 23. Februar

Apple war eines der ersten grossen Unternehmen, das mitte Februar seine Umsatzprognose wegen des Cronovirus-Ausbruchs in China korrigierte. Da das Virus sich über China hinaus ausbreitet, erhöht sich gemäss UBS-Analyst Timothy Arcuri das kurzfristige Nachfragerisiko zusätzlich. Die Auswirkungen auf die Nachfrage könnten bis im Juni bestehen bleiben.

Die Probleme zeigen sich aber auch auf der Angebotsseite: Die Produktion sollte bis Ende des ersten Quartals wieder hochgefahren werden, mit einer Normalisierung werde aber erst im zweiten Quartal gerechnet, so Arcuri. Sollten die Probleme trotzdem anhalten, sei die Lancierung des 5G iPhone im Herbst gefährdet.

Das durchschnittliche Kursziel der Analysten beträgt gemäss Bloomberg 332,63 Dollar, was einem potenziellen Kursgewinn von 25 Prozent entspricht. Nur drei von 47 Analysten empfehlen "Verkaufen". Das Technologieunternehmen hat ein Kursgewinnverhältnis von 21,03. Die Aktien sind daher zum jetzigen Zeitpunkt relativ günstig. Doch "wait and see" ist in der kurzen Frist wegen der bestehenden Unsicherheit angebracht.

Facebook: -19 Prozent seit 23. Februar

Menschen mit Grippesymptomen oder in Zwangsquarantäne verbringen vermutlich nicht weniger, sondern mehr Zeit auf sozialen Netzwerken wie Facebook. Dies nützt dem Konzern jedoch nicht viel, wenn gleichzeitig die Werbeetats gekürzt werden. Analystin Laura Marin von der Investmentbank Needham rechnet für das laufende Geschäftsjahr mit einem Umsatzeinbruch von 2 Milliarden Dollar.

Bei Facebook seien Anzeigen aus den Bereichen Reisen, Einzelhandel, schnelllebige Konsumgüter und Unterhaltung betroffen. Diese machen 30 bis 45 Prozent von Facebooks gesamten Umsätzen aus und seien im Zuge der Coronakrise zurückgegangen.

Im Moment empfehlen insgesamt 47 von 56 Analysten die Aktien von Facebook zum Kauf. Doch auch das durchschnittliche Preisziel von 246,78 Dollar und der potenzielle Kursgewinn von 46 Prozent dürfen nicht über das potenzielle Risiko hinwegtäuschen. Je nach Dauer der Coronakrise ist weiteres Abwärtspotenzial vorhanden.

Netflix: -9 Prozent seit 23. Februar

Die Aktien von Netflix zeigen in der jüngsten Coronakrise eine bessere Performance als der Gesamtmarkt. So stehen die Aktien seit Jahresbeginn immer noch um 7 Prozent im Plus. Das Unternehmen profitiert davon, dass der Konsum von Streamingdiensten in der Coronakrise eher zu- als abnimmt.

So schreibt Analyst Dan Salman von BMO Capital Markets in einer Kurzstudie: "Netflix ist ein offenkundiger Profiteur, wenn Verbraucher wegen Sorgen um das Coronavirus mehr Zeit zu Hause verbringen, was von der Aktienperformance reflektiert wird."

Einzig die zunehmende Konkurrenz könnte der Kursentwicklung auf lange Sicht abträglich sein. Auch das Kursgewinnverhältnis ist mit 83,9 sehr hoch. Zudem liegt das durchschnittliche Kursziel von 369,41 Dollar nur 6,6 Prozent über dem aktuellen Preis der Aktien. Zu guter Letzt steigen auch die Schulden beständig an. Momentan belaufen sich diese auf 16 Milliarden Dollar. Ein zukünftiger Überflieger ist Netflix daher nicht.

Tesla: -32 Prozent seit 23. Februar

Die diesjährigen Kursgewinne bis zum Höhepunkt Mitte Februar von 119 Prozent gründen auf der Bullen-These, dass der Autohersteller Tesla die Produktion in der Gigafactory in Shanghai hochfahren kann und das Verkaufsziel von 500'000 Fahrzeugen erreichen wird.

Dan Ives von der Investmentfirma Wedbush meint, dass wegen der Coronakrise die Auslastung der Gigafactory in Shanghai gefährdet sei. Die Ausbreitung des Coronavirus untergräbt daher das Produktions- und Gewinnwachstum von Tesla.

Der Bloomberg Default Risk Index steigt bei Tesla seit Anfang Februar wieder an (Quelle: Bloomberg).

Mit 14,6 Milliarden Dollar Schulden ist für Tesla ein Umsatzwachstum überlebensnotwendig. Nur sieben von 37 Analysten empfehlen ein "Kaufen". Das durchschnittliche Kursziel ist mit 546,47 Dollar höher als auch schon. Trotzdem besteht ein Korrekturpotenzial von 10 Prozent. Vom Kauf ist bei Tesla abzuraten. Momentan machen nur die Leerverkäufer Kasse.

ManuelBoeck
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